Brian Latimer kam von Süden. Als er aus einer Seitenstraße in die Main Street von Bozeman einbog, war sein erster Eindruck die riesige Ansammlung von Menschen, und dann sah er unter dem waagerechten, dicken Ast einer alten Burreiche den Reiter, vor dessen Gesicht eine kunstvoll geknüpfte Schlinge baumelte. An den Ast war eine Leiter gelehnt. Auf ihr stand ein Mann, und der griff in diesem Moment nach der Schlinge.
Brian schluckte trocken und ritt näher. Er hörte einen Mann schreien: „Macht endlich Schluss mit dem elenden Goldräuber und Mörder! Wir wollen ihn zappeln sehen!“
Im Gesicht des Delinquenten wühlte die Angst. Der Schweiß rann ihm in Bächen über die Wangen, tropfte von seinem Kinn, lief seinen Hals hinunter.
Brian schaute sich um. Etwa hundert Yards entfernt las er ein Schild mit der Aufschrift ‚Marshal Office‘. Auf dem Vorbau stand ein Mann. An seiner linken Brustseite funkelte der Sechszack.
Als Brian seinen Blick wieder über die Menge schwenkte, sah er, dass die Schlinge jetzt um den Hals des unglücklichen Burschen auf dem Pferd lag. Brian schätzte ihn auf Anfang fünfzig. Der Mister auf der Leiter trug die derbe Arbeitskleidung eines Goldgräbers. Auch jener Bursche, der jetzt den Arm hob, um dem Pferd einen Schlag zu versetzen, war nicht gekleidet wie ein Vollzugsbeamter. Auch er steckte in einem verschmutzten, zerschlissenen Drillich.
Brian war schockiert. Lynchjustiz!, durchfuhr es ihn siedend und er spürte Gänsehaut. Da sind Lyncher am Werk, und der Marshal schaut tatenlos zu.