Nicht nur an der aktuellen Diskussion um die Frage „wer oder was ‚gehört‘ zu Deutschland?“ lässt sich erkennen: Vorstellungen von der Identität einer Nation, einer Gesellschaft oder einer Person sind stets Gegenstand des öffentlichen und des literarischen Diskurses. Ihre Verhandlung wird vermeintlich umso dringlicher, je bedrohter die Grenzen eines ‚Ego‘-Systems erscheinen, je mehr sich die ‚Eigenen‘ also vor einem ‚Fremden‘ fürchten.
Gerade am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert lassen sich auffällige Transformationen derjenigen soziosemiotischen Prozesse beobachten, die bei der Konstruktion von Fremd- und Eigenbildern ablaufen. Um sie zu rekonstruieren, nimmt die vorliegende Monographie neben ausgewählten literarischen Texten auch außerliterarische Diskurse in den Blick und erörtert die Interkorrelationen von Konzepten wie ‚Volk‘, ‚Nation‘, ‚Rasse‘ und ‚Geschlecht‘, die auch für gegenwärtig praktizierte Fremdheitszuweisungen noch von Bedeutung sind.