Seit einigen Jahren sind in den westlichen Industrienationen gesellschaftliche Veränderungen zu beobachten, die von einer Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse und dem Herausbilden einer neuen "Unterschicht" geprägt sind. Als Ursache für diesen auch "Brasilianisierung des Westens" genannten Prozess gilt allgemein die Globalisierung unter dem neoliberalen Paradigma des freien Marktes.
Peter Mersch zeigt dagegen auf, dass diese Entwicklung ganz entscheidend auch reproduktiv und damit aus sich selbst heraus erfolgt.
Seit der weiblichen Emanzipation und der sie begleitenden Individualisierung haben Frauen die freie Wahl zwischen produktiven und reproduktiven Tätigkeiten. In den Industrienationen ist aber die Wirtschaft marktwirtschaftlich organisiert, die gesellschaftliche Reproduktion dagegen sozialistisch. Bei Letzterer kommt es dann zwangsläufig zur "Tragik der Allmende" und damit zum Phänomen des demographischen Wandels. Vereinbarkeitsmaßnahmen werden daran nur unwesentlich etwas ändern können.
In modernen Gesellschaften vermittelt sich sozialer Erfolg ganz wesentlich über Bildung. Weil aber Frauen nun umso weniger Kinder in die Welt setzen, je gebildeter und beruflich erfolgreicher sie sind, und sich Gleichgebildete meist untereinander paaren, werden die Kompetenzen einer Generation nicht mehr ausreichend an ihre Nachkommen weitergegeben. Die Folgen: Die Generationengerechtigkeit wird verletzt, und die entwickelten Länder "brasilianisieren" sich in Richtung Entwicklungsländer.
Das Fazit des Autors ist: Die Emanzipation der Frauen macht eine Angleichung der Organisation von Wirtschaft und Nachwuchsarbeit zwingend erforderlich. Der Individualisierung auf Seiten der Frauen müssen die entsprechenden Institutionalisierungen nun noch folgen. Das Buch zeigt detailliert auf, was zu tun ist.