Das Leben des Pilgers auf dem Jakobsweg besteht darin, den Rucksack ein- und auszupacken. Tag für Tag. Dieser Teil der Wahrheit stellt sich schon auf den ersten 100 Kilometern ein. Der spirituelle Teil einer Pilgerreise auf dem Jakobsweg zeigt sich erst später: beispielsweise darin, dass das geographische Ziel, Santiago de Compostela, gar nicht so wichtig ist. Zumindest nicht für Maren Kopper, die sich von der Schwäbischen Alb aus 2014 für sechs Wochen auf den Weg gemacht hat. Viel essentieller war für sie, welche Gefährtinnen sie unterwegs getroffen hat und welche Erfahrungen sie mit ihnen machen durfte. Den einen Camino de Santiago gibt es nicht, es gibt viele. Jeder Pilger geht auf der vorgezeichneten Strecke seinen eigenen, individuellen Weg.
Der Camino eröffnet dem Pilgernden die Möglichkeit für tiefsinnige, ehrliche Gespräche; aber auch für Heiterkeit und bewegende landschaftliche Eindrücke. Er bietet unterwegs genügend Zeit, um über sich und andere nachzudenken: Wohin soll mich mein Leben führen?
Der Camino ist kein Zwang, Wettstreit und keine Pflicht. Er hält viele Chancen bereit, um tief in sich hineinzuhören: ungeschminkt, offen, neugierig. Er ist kein Allheilmittel für sämtliche Probleme, aber er kann, wie bei der Autorin dieses Buches, zu der Erkenntnis führen, dass das Wesentliche im Leben nicht unbedingt bunt oder bombastisch sein muss. Und dass es wichtig ist, Ballast abzulegen, bevor er einen erschlägt.
Der Camino kann dem Pilgernden auf seiner Wanderschaft immer wieder ein überwältigendes, tiefgreifendes Gefühl schenken: das alles besänftigende Gefühl von Freiheit.