Stellvertreter Gottes und Nachfolger Mohammeds: Die Kalifen sind von einer besonderen Aura umgeben, auch wenn die erstrebte Machtfülle oft ausblieb. Hugh Kennedy schildert anschaulich die Geschichte der "Führer aller Gläubigen" und zeigt, wie sich nach der Abdankung des letzten osmanischen Kalifen 1924 ein Vakuum bildete – wie gemacht für den IS.
Gleich nach dem Tod Mohammeds im Jahr 632 entstand mit Abu Bakr als neuem Oberhaupt der Gemeinde das Kalifat. Aber von Anfang an stellten sich heikle Fragen: Wer war ein legitimer Kalif? War der Stellvertreter des Propheten auch Statthalter Gottes? War das religiöse Oberhaupt aller Muslime zugleich ihr politisches? In dieser ersten Gesamtgeschichte der Kalifen erzählt Hugh Kennedy die Entwicklung des mächtigen Amtes von seiner Entstehung über die glanzvollen Bagdader Kalifate bis zur Neuzeit. Die osmanischen Sultane kompensierten mit dem Amt den Verfall imperialer Macht, heizten dadurch aber seit dem 19. Jahrhundert die Sehnsucht nach der Zeit der ersten Kalifen an, die auch den Salafismus prägt. Hugh Kennedy zeigt eindrucksvoll, wie sich bis heute im Kalifat Größe und Krise des Islam spiegeln, auch wenn es seit Langem keinen mehrheitlich anerkannten Kalifen mehr gibt.