Ist der Aphorismus ein verlorenes Kind?

Literarische Miniaturen

Gerhard Branstner

Bisher keine Bewertungen
0.0

+ Merken

Entdecke diesen und 400.000 weitere Titel mit der Flatrate von Skoobe. Ab 12,99 € im Monat.

Beschreibung zu „Ist der Aphorismus ein verlorenes Kind?“

Ganz am Anfang steht eine schöne, aphoristische Definition des Aphorismus:
Der Aphorismus ist ein gewitztes Kerlchen, das Kunst und Philosophie in Liebe gezeugt haben: von der Philosophie hat es die Art zu fragen, von der Kunst die Art zu antworten.

Viel schöner kann man es kaum sagen. Genau in diesem Sinne lassen sich auch die Texte auf den folgenden Seiten lesen, darunter eine Reihe von Nepomuk-Geschichten. Dazu einige Beispiele:
Aus den Aphorismen:
Der sozialistische Realismus unterscheidet sich von anderen Formen des Realismus nicht „quantitativ“, sondern durch eine qualitativ tiefere Erfassung des Gegenstandes der Kunst.
Manche Künstler wollen sich mit dem Argument, dass die Methode des sozialistischen Realismus gegenüber der philosophischen Methode ihren besonderen Charakter habe, die Aneignung der materialistischen Dialektik in ihrem prinzipiellen Charakter ersparen.
Nicht der politische Gehalt mindert den künstlerischen Wert eines Werkes, sondern der Mangel an künstlerischem Talent oder seiner Ausbildung schränkt den politischen Gehalt eines Werkes ein. Büchner und Brecht beweisen, dass erst eine große dichterische Fähigkeit den politischer. Standpunkt voll zum Ausdruck bringen kann. Der Ärger über die „Ungunst“ des politischen Themas ist der Ärger der Unkunst.
Aus den Geschichten von Nepomuk:
Gefragt, weshalb er nicht an Gott glaube, erwiderte Nepomuk: „Weil mir nicht bewiesen werden konnte, dass Gott jemals gelacht hat. Wie aber kann ein Mann, der diese Welt gemacht hätte, ernst bleiben.“
Während einer Bahnfahrt kam Nepomuk mit einem Manne ins Gespräch, der ihm durch sein betrübtes Wesen aufgefallen war „Mir gefällt es nicht“, erklärte schließlich der Mann, „dass der Sozialismus die einzige nach dem Kapitalismus mögliche Gesellschaftsordnung ist.“ – „Und was stört Sie an dieser Unvermeidlichkeit des Sozialismus?“, fragte Nepomuk, noch nicht zufriedengestellt. „Wo bleibt da“, entgegnet der andre, „die Freiheit der Wahl?“
Schon des Öfteren hatte Nepomuk die Meinung gehört, dass eine Demokratie nicht ohne Opposition auskomme. „Wenn es sich so verhielte“, bemerkte Nepomuk, „müsste die Demokratie abgeschafft werden. Ich glaube allerdings“, so fügte er hinzu, „dass das nur auf die alte Demokratie zutrifft, die neue taugt mehr.“
Nepomuk hatte eine Vorliebe für die Beobachtung von Versuchen, verzwickte Probleme zu lösen. „Nicht nur, dass man sich dadurch manches Lehrgeld erspart, vor allem“, so betonte er stets, „kann man dabei Menschen kennenlernen.“

Über Gerhard Branstner

Geboren am 25.Mai 1927 in Blankenhain / Thüringen, Volksschule, drei Jahre Verwaltungslehre.
1945 Soldat im 2. Weltkrieg, bis 1947 in amerikanischer, französischer und belgischer Kriegsgefangenschaft.
1949 – 1951 Abitur an der ABF Jena, 1951 bis 1956 Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, 1963 Promotion (Dr. Phil.).
1956 - 1962 Dozent an der Humboldt-Universität, 1962 – 1964 Lektor, 1966 - 1968 Cheflektor Eulenspiegelverlag/ Das Neue Berlin.
Ab 1968 freiberuflicher Schriftsteller.
2008 in Berlin verstorben.
Bibliografie
IST DER APHORISMUS EIN VERLORENES KIND? Literarische Miniaturen, Aufbau-Verlag Berlin 1959.
ZU BESUCH AUF DER ERDE. Unwahre Begebenheiten, Mitteldeutscher Verlag Halle (Saale) 1961.
NEULICHKEITEN. Geschichten mit und ohne Spaß, Eulenspiegel Verlag Berlin 1964.
DER VERHÄNGNISVOLLE BESUCH. Kriminalroman, Verlag Das Neue Berlin 1967.
DIE REISE ZUM STERN DER BESCHWINGTEN. Utopischer Roman, Hinstorff Verlag Rostock 1968.
DIE WEISHEIT DES HUMORS. Sprüche und Aphorismen zur Lebenskunst, Hinstorff Verlag Rostock 1968.
NEPOMUKS PHILOSPHISCHE KURZANEKDOTEN, Hinstorff Verlag Rostock 1969.
DER FALSCHE MANN IM MOND. Utopischer Roman, Hinstorff Verlag Rostock 1970.
DER NARRENSPIEGEL, Hinstorff Rostock 1971.
DER ASTRONOMISCHE DIEB. Utopische Anekdoten, Verlag Das Neue Berlin 1973.
VOM HIMMEL HOCH oder Kosmisches Allzukosmisches, Verlag Das Neue Berlin 1974.
DER STERNENKAVALIER. Eine Utopie, Verlag Das Neue Berlin 1976.
DER ESEL ALS AMTMANN oder Das Tier ist auch nur ein Mensch, Buchverlag Der Morgen Berlin 1977.
DER HIMMEL FÄLLT AUS DEN WOLKEN. Heitere Spiele, Buchverlag Der Morgen Berlin 1977.
KANTINE. Eine Disputation in fünf Paradoxa, Hinstorff Verlag Rostock 1977 (2., die Bühnenfassung berücksichtigende Auflage: 1981).
PLEBEJADE oder Die wundersamen Verrichtungen eines Riesen, Buchverlag Der Morgen Berlin 1978.

HANDBUCH DER HEITERKEIT, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1979.
DER INDISKRETE ROBOTER. Utopische Erzählungen, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1980.
DIE OCHSENWETTE. Anekdoten nach dem Orientalischen geschrieben, Hinstorff Verlag Rostock 1980
KUNST DES HUMORS - HUMOR DER KUNST. Beitrag zu einer fröhlichen Wissenschaft, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1980.
GERHARD BRANSTNERS SPRUCHSÄCKEL, Buchverlag Der Morgen Berlin 1982.
DIE UNMORALISCHE TUGEND Nepomuks, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1982.
DAS EIGENTLICHE THEATER ODER DIE PHILOSOPHIE DES AUGENBLICKS. Ein Traktat - Ein Spiel - Ein Vergleich, Mitteldeutscher Verlag Halle - Leipzig 1984.
DAS VERHÄNGNIS DER MÜLLERSTOCHTER. Sänge und Reime, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1985.
DER NEGATIVE ERFOLG. Phantastische Geschichten, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1985.
HEITERE POETIK. Von der KANTINE zum THEATER, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1987.
HEITERE DRAMATIK. Vom Talisman zum Schwitzbad, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1988.
REVOLUTION AUE KNIEN oder Der wirkliche Sozialismus. Philosophisch-Politische Essays, Verlag am Park Berlin 1997.
ROTFEDER. Die Todsünden des „realen Sozialismus" und andere Welterfahrungen, Verlag am Park Berlin 1998.
WITZ UND WESEN DER LEBENSKUNST oder Die zweite Menschwerdung. Fortgesetzter Marxismus Essays und Glossen, GNN Verlag Schkeuditz 1999.
MARXISMUS DER BELETAGE. Ansätze einer Philosophie der Politischen Ökonomie (Marxistisches Forum, Heft 25) Berlin, Januar 2000.


Verlag:

EDITION digital

Veröffentlicht:

2022

Druckseiten:

ca. 19

Sprache:

Deutsch

Medientyp:

eBook


Ähnliche Titel wie „Ist der Aphorismus ein verlorenes Kind?“

Lesen. Hören. Bücher erleben.

Jetzt kostenlos testen