Lautlesen zusammenzuschreiben, birgt Entdeckungen und Programm: Lautes Lesen ist nach dem Erzählen eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit. An den großen Texten der Weltliteratur bildet sich insbesondere durch lautes Lesen die eigene Sprachfähigkeit heraus. Hinzu kommt, dass sich im lauten Lesen mehrere Praxisebenen finden lassen: Es übt die Stimme, die Sprechwerkzeuge. Es trainiert das Gedächtnis. Zudem verbindet es als spirituelle Praxis die persönliche Schriftlektüre mit der öffentlichen Lesung im Gottesdienst.
In der gottesdienstlichen Realität gewinnt man landauf, landab jedoch den Eindruck, als sei das laute Lesen eine wenig geschätzte Praxis. In Tonfall, Aussprache und Geste wirken Lesungen in den Kirchen oft wie gefangen in der Strategie einer pastoralen Fehlervermeidung. Beobachtungen jahrelanger Übungspraxis innerhalb der Arbeit des Zentrums bilden den Ausgangspunkt der interessanten Reflexionen in diesem Buch und führen laut und lesen eng zusammen.