Leibgeber agiert als Leimrute für die Spendenakquise, Lautsprecher für die Öffentlichkeitsarbeit und Lockvogel für die Mitarbeitergewinnung beim Kriegsgräberverein. Landmarken seines Geschäftsgebietes sind die NS-Ordensburg Vogelsang, das KdF-Hotel in Waldbröl, das Führerhauptquartier Felsennest in Bad Münstereifel, die Arno-Breker=Ausstellung auf Schloss Nörvenich, das Soldatengrab von Generalfeldmarschall Walter Model im Hürtgenwald, das Zivilgrab des SS-Lagerarztes von Buchenwald, August Bender, nahe Düren und das Grab von Hitlers Euthanasiebeauftragten Prof. Karl Brandt im Bergischen Land. In das graue Gefieder seiner An-züge gekleidet, plappert er wie ein Papagei Vereinsparolen nach („Versöhnung!“ „Versöhnung!“ „Versöhnung!“). Er wird gefüttert. Er wird getränkt. Aber vom Fliegen kann er sich seinem Käfig nur träumen. Leibgeber identifiziert sich weder mit der falschen Verbandspolitik noch der verlogenen Versöhnungsphilosophie noch der fatalen Vereinsgeschichte des Kriegsgräbervereins. Seine mangelnde Identifikation ist kein akademisches Problem. Hinter Leibgebers Nicht-Identifikation lauert eine physische Bedrohung: keine Nahrung, keine Kleidung und kein Obdach. Um zu überleben, tut er das Falsche und strengt sich auch noch richtig dabei an. Das ist sein „unglückliches Bewusstsein“ (HEGEL)
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