Wir lernen die Geschichte kennen, die einmal dazu führen wird, dass es, viele Jahre später, zur Gründung von 'Sophienlust' kommen wird.
Der Weg dahin schildert eine ergreifende, spannende Familiengeschichte, die sich immer wieder, wenn keiner damit rechnet, dramatisch zuspitzt und dann wieder die schönste Harmonie der Welt ausstrahlt. Das Elternhaus Montand ist markant – hier liegen die Wurzeln für das spätere Kinderheim, aber das kann zu diesem frühen Zeitpunkt noch keiner ahnen.
Eine wundervolle Vorgeschichte, die die Herzen aller Sophienlust-Fans höherschlagen lässt.
Nervös malte Annegret Kober mit dem Fuß kleine Kreise auf den Boden der Bushaltestellte. Sie versuchte sich irgendwie zu beruhigen. Ihr Herz pochte heftig, und die etwas längeren blonden Haare hingen ihr über die Wangen, was sie zusätzlich aufregte. Heute früh, als sie aus dem Haus ging, hatte sie die Haarspange vergessen mitzunehmen, die ihr bereits während ihrer Arbeit in der kleinen Reinigung sehr gefehlt hatte. Annegret arbeitete seit über einem Jahr in der Kreisstadt. Der Besitzer der Reinigung, Herr Hauser, war krank geworden. Seine Lunge vertrug die Ausdünstungen der Reinigungsmittel nicht mehr, sodass er mit der Arbeit aufhören musste. Dieser Job war für Annegret gerade rechtzeitig gekommen, denn nach dem unerwarteten Tod ihres Mannes stand sie, zusammen mit ihrem kleinen Sohn August, praktisch vor dem Nichts. Sie verdiente nicht sehr viel, doch zusammen mit der Witwenrente und der Halbwaisenrente ging es gerade so. Die kleine Wohnung im Erdgeschoss, die sie bei Tante Marga, der Schwester ihres verstorbenen Vaters, günstig bekommen hatte, verhalf ihr wenigstens dazu, dass sie nicht jede Nacht schlaflos im Bett lag und nach Auswegen suchen musste. Ausgerechnet heute hatte der Linienbus offensichtlich wieder Verspätung. Ihr war schon ganz schlecht bei der Vorstellung, dass Merja, das Mädchen, das in Notfällen auf ihren kleinen Sohn August aufpasste, pünktlich gegangen war. August war noch zu klein, um längere Zeit allein zu bleiben, obwohl er mit seinen drei Jahren schon überraschend verständig war. Endlich kam der Bus, Annegret stieg als Einzige ein. Vier Haltestellen, dann durfte sie endlich wieder aussteigen. Die letzten Straßen durch die neue Siedlung rannte sie, als ob der Teufel hinter ihr her sei. Sie hörte den Herzschlag in den Ohren, und mit jedem Schritt wurden ihre Beine schwerer. Sie war völlig außer Atem, als sie endlich die Mozartstraße erreichte. Schon von Weitem sah sie ihren kleinen Jungen vor der Tür stehen, zusammen mit einer Frau, die ihn offensichtlich an der Hand hielt. Erschrocken blieb Annegret stehen.