Der französische Jesuit Jean Hardouin (1646-1729) hatte weit über seine Zeit hinaus den Ruf eines Universalgelehrten und war berühmt für sein ungeheuer vielseitiges Werk und eine schier überbordende Produktivität. Von seinen vielen provozierenden Äußerungen waren nur wenige so kühn wie die These, die sich wie ein roter Faden durch sein 1766 posthum veröffentlichtes Manuskript AD CENSURAM SCRIPTORUM VETERUM PROGEGOMENA (Vorrede zu einer Kritik der antiken Schriften) zieht. Er behauptete, dass ein Großteil der Werke der Antike - darunter sowohl die Schriften vieler griechischer und römischer Autoren als auch Texte der Kirchenväter - von humanistischen Gelehrten und in Kloster-Skriptorien zwischen dem 13 und 15. Jahrhundert gefälscht worden sei. Seine Fälschungshypothese löste eine Welle der Kritik und Empörung aus, die seine wissenschaftliche Reputation nachhaltig beschädigte und bis heute nachwirkt.
Die einzige bisher verfügbare Übersetzung dieses lateinischen Textes war eine englische, die noch aus dem Jahr 1909 stammte. Die vorliegende Ausgabe ist die erste deutsche Übersetzung. Eine ausführliche Einführung und umfangreiche Erläuterungen helfen dem heutigen Leser, die im Buch erwähnten Namen, Fakten, Ereignisse und eingestreute Andeutungen, die sonst oft unverständlich bleiben würden, besser einzuordnen und zu verstehen.