"Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparate benutzen", schrieb Rudolf Bultmann den Kirchen 1976 ins Stammbuch, "und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des neuen Testaments glauben." An der Rezeption naturwissenschaftlicher Erkenntnisse führt für den aufgeklärten Glauben, für die Predigt der Kirche, kein Weg vorbei. Auf der anderen Seite ist der Streit in den Naturwissenschaften selbst über das, was Wirklichkeit ist, nicht abgeschlossen. Auch die von der Physik beschriebene Wirklichkeit ist nicht deckungsgleich mit dem Sein an sich. Und Hirnforscher weisen darauf, dass Alltagsmenschen, Theologen und Physiker insofern im gleichen Boot sitzen, als alle Begriffe der Physik auf menschlichen Vorstellungen beruhen. Die Gastprediger der hier vorliegenden Radiokirchen (des Saarländischen Rundfunks) haben sich mit ihren jeweiligen Themen wissenschaftlich beschäftigt und ihre Ergebnisse teilweise selbst in Buchform veröffentlicht. Rundfunkpfarrer Hermann Preßler hat unterschiedliche Liturgien für diese Gottesdienste erarbeitet und so das Gespräch zwischen Themen der Naturwissenschaft und biblischen Texten in einem besonderen ästhetischen und musikalischen Rahmen präsentiert. Beispiele dafür, wie scheinbar sperrige und oft nur in Vortragsabenden in den Gemeinden erörterte Themen in Gottesdiensten "vorgetragen" werden können. Die Liturgien regen dabei zu eignen Versuchen an. Das gottesdienstliches Singen der Gemeinde, "Lobe den Herren, der alles so herrlich regiert", kann noch einmal neu verstanden werden. An sechs Beispielen demonstriert Preßler überzeugend, dass Naturwissenschaft und christlicher Glaube keine unüberbrückbaren Gegensätze sind.