Fritz Leverenz erzählt von Schicksalen während und nach der deutschen Teilung. Und von dem Einfluss, den Politik auf den Alltag der Menschen hat.
Manfred wirkte erschöpft. Seine Jochbeine traten hervor, die Nase schien spitzer als sonst und seine bräunliche Haut gelb. Die Anspannungen von dreieinhalb Jahren Wartezeit lagen hinter ihm und seiner Familie. Die ersten Wochen damals mit dem gewollt auffällig geparkten dunkelblauen Lada vor dem Haus, in dem zwei, manchmal drei junge Männer vom Staatssicherheitsdienst vier, fünf Stunden ihrer Zeit absaßen; die häufigen Vorladungen in den Rat des Stadtbezirks, Abteilung Inneres, die hinhaltenden, nichtssagenden Gespräche dort, die stereotypen Fragen eines Mitarbeiters vom Zettel gelesen; die Befragungen auch seines achtjährigen Sohnes (immerhin in ihrer Gegenwart), was er von den Ausreiseplänen seiner Eltern halte" Ob er nicht lieber in der "Sicherheit unseres sozialistischen Staates" bleiben wolle?