Frida Kopp
Nach dem Abitur auf dem Zweiten Bildungsweg habe ich Anglistik studiert und in dieser Zeit mit dem Schreiben begonnen, zunächst Kurzformen (Lyrik, Märchen, Kurzgeschichten), die mehrfach in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht wurden. Inzwischen habe ich auch einige Romane verschiedener Genres geschrieben. Als ich im Frühjahr gerade dabei war, „Ein Fall von Borderline“ für die Veröffentlichung vorzubereiten, landete ich im Krankenhaus. Der Herzinfarkt, der mich dorthin verfrachtet hatte, schien von glimpflichem Verlauf — wäre da nicht die sensible Reaktion meines Körpers auf Medikamente jeder Art. Unmittelbar auf den überstandenen Infarkt folgte eine Hirnblutung – und die wiederum wirkte auf das Sprachzentrum — Aphasie! Ich war nicht mehr in der Lage, einen vollständigen Satz zu artikulieren, ich war nicht mehr fähig, geschriebene Wörter in gesprochene Sprache zu verwandeln. Ein Arzt teilte meiner Schwester mit, dass er die Chancen auf Verbesserung dieses Zustandes sehr gerin einschätzte. Doch nachdem in einer Spezialklinik fast alle Medikamente abgesetzt worden waren, kehrte… langsam und allmähliche... die Sprache zurück. Der mündliche Ausdruck machte mir dann am wenigsten Probleme, wenn ich sagen wollte, was mir gerade in den Sinn kam — was so weit ging, dass Freunde und Verwandte bei Besuchen oder Telefonanrufen ihre Freute zum Ausdruck brachten, weil ich schon wieder sehr „normal“ klang. Wenn ich aber als Antwort auf eine Frage nach einem ganz bestimmten Wort suchte — dann schienen sich die Wörter beharrlich zu verstecken. Mein besonderer Dank gilt den Sprachtherapeuten, die mir Mut machten mit der Versicherung, dass mir die Sprache nicht etwa weitgehend abhanden gekommen sei, sondern dass es jetzt zunächst um eine neue Art des „Aufspürens“ gehe. So manches Mal staunte ich über mich selbst, wenn ich vor Freude strahlte, weil mir ein gesuchtes Wort wieder eingefallen war. Mich freuen, weil in dieser Ödnis das eine oder andere Wort wieder auftaucht? Ja, ich freute mich über solche kleinen Fortschritte, aber ich tat noch mehr: Ich griff mir eine Zeitschrift mit einem substanziellen Text, wobei mir zunächhst schon die Überschriften erhebliche Probleme bereiteten. Ich machte mir Notizen in einer Kladde, ohne mich durch die massenhaften Schreibfehler demotivieren zu lassen — denn wie soll ich mich wieder in etwas üben, wenn ich es nicht praktiziere? Auf die Zeitschrift folgte ein Krimi, in der Sprachtherapie folgten rasante Fortschritte. Inzwischen bin ich längst wieder zu Hause, und als ich das erste Mal wieder vor meinem Computer saß, war das, als müsste ich Erinnerungen aus uralter Zeit aktivieren: Wie funktioniert dies, wie geht denn das noch? Immer noch neige ich beim Schreiben dazu, Buchstaben zu verwechseln: B statt P oder umgekehrt, U statt O, und wenn auch weniger häufig und massiv — die Wörter treiben immer noch ihr Versteckspiel mit mir.
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