Ein Hungerkünstler lebt zunächst in Zeiten, in denen in der Öffentlichkeit ein reges Interesse an seiner Kunst besteht. In seinem Gitterkäfig wird er vom Publikum von Hungertag zu Hungertag interessiert begutachtet und bewundert. Für den Hungerkünstler ist aber das andauernde Hungern "die leichteste Sache von der Welt". Er leidet darunter, dass man ihm das nicht glaubt, ihm möglicherweise sogar unterstellt, geschickt heimlich zu essen, oder ihm zumindest absichtlich die Möglichkeit dazu gibt. Zudem besteht sein Impresario darauf, dass er nach vierzig Tagen das Hungern beenden solle. Er öffnet ihm den Käfig und stellt ihm Essen bereit. Der Hungerkünstler fühlt sich absolut missverstanden, er weiß, dass er noch viel länger hungern kann. Aufgrund des andauernden Nichtverstandenseins bekommt er eine immer trübere Laune. Aber die Zeiten ändern sich und das Hungerkünstlertum kommt außer Mode. Der Hungerkünstler ist nicht mehr die Attraktion....
Der Sammelband Ein Hungerkünstler erschien 1924 als letztes Buch Kafkas, das vor seinem Tod veröffentlicht wurde. Neben der Erzählung Ein Hungerkünstler enthält es die Kurzgeschichten Erstes Leid, Eine kleine Frau und Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse.
Franz Kafka (1883-1924) war ein deutschsprachiger Schriftsteller. Sein Hauptwerk bilden neben drei Romanfragmenten zahlreiche Erzählungen. Kafkas Werke wurden zum größeren Teil erst nach seinem Tod und gegen seine letztwillige Verfügung von Max Brod veröffentlicht, einem engen Freund und Vertrauten, den Kafka als Nachlassverwalter bestimmt hatte. Kafkas Werke zählen unbestritten zum Kanon der Weltliteratur.