Angela Reschke
Mann und Tod - in dieses Thema bin ich 1961 in Hamburg hineingeboren worden. Meine Eltern, beide kriegstraumatisiert, ignorierten Schmerz, Angst, Trauer und Trost peinlich genau. Dabei trug mein Vater seine geliebten Toten und die schrecklichen Bilder des Krieges direkt unter seiner Haut. Unberechenbares führte ihn gedanklich-visuell in die Vergangenheit und ließ ihn außer sich geraten; dann wieder wirkte er unnahbar und versteinert. Ich liebte und bewunderte meinen stattlichen Vater sehr, der ein großer Geschichtenerzähler und Sänger war - und doch kaum erreichbar zu sein schien.
Das ändere sich 1968, als plötzlich ein Freund von ihm, der mir sehr zugewandt war, starb. Ich war unendlich traurig. An dem Tag trösteten wir uns gegenseitig: Wir weinten eng umschlugen, sprachen offen über unsere Traurigkeit und den Tod. In diesen Momenten verwirklichte sich nicht nur die von mir ersehnte Nähe: Während mein Vater zuvor nie ganz anwesend war, so war er nun "vervollständigt", präsent und wurde für mich geistig und seelisch greifbar. Erfahrungen wie diese prägten mein Verhältnis zum Tod. Ich erlebe immer wieder, daß der Tod zu schwer für zwei Schultern wiegt und unbedingt die heilsame Gemeinschaft erfordert! Im Tod wohnt eine "dunkle und einsame Seite", in der Verlassenheit, Angst, Schmerz und Wut erlitten werden, aber auch eine "helle Seite", in der Offenheit, Halt, Trost und Verbundenheit über das Alltägliche hinaus möglich sind. Können beide Seiten gelebt werden, trägt der Tod die Chance zum Neubeginn in sich.
Seit meinem Psychologiestudium engagiere ich mich haupt- und ehrenamtlich für Hochbetagte, tödliche Erkrankte, deren Angehörige und Trauernde. Mit meiner Arbeit möchte ich nicht nur den Einzelnen erreichen, sondern an gesellschaftlichen Entwicklungen mitwirken: Mitgefühl und Solidarität sollen sich zu einem hohen Gut entwickeln. In diesem Geist ist das Buch geschrieben. Ich widme es meinem kleinen Bruder Christof, der in diesem Buch keinesfalls seine eigene Geschichte erzählen wollte, um so dem Tod nicht in die Hände zu spielen. Am 17.01.2016 ist er verstorben. In mir lebt er weiter.
www.abschied-begleiten.de
Das ändere sich 1968, als plötzlich ein Freund von ihm, der mir sehr zugewandt war, starb. Ich war unendlich traurig. An dem Tag trösteten wir uns gegenseitig: Wir weinten eng umschlugen, sprachen offen über unsere Traurigkeit und den Tod. In diesen Momenten verwirklichte sich nicht nur die von mir ersehnte Nähe: Während mein Vater zuvor nie ganz anwesend war, so war er nun "vervollständigt", präsent und wurde für mich geistig und seelisch greifbar. Erfahrungen wie diese prägten mein Verhältnis zum Tod. Ich erlebe immer wieder, daß der Tod zu schwer für zwei Schultern wiegt und unbedingt die heilsame Gemeinschaft erfordert! Im Tod wohnt eine "dunkle und einsame Seite", in der Verlassenheit, Angst, Schmerz und Wut erlitten werden, aber auch eine "helle Seite", in der Offenheit, Halt, Trost und Verbundenheit über das Alltägliche hinaus möglich sind. Können beide Seiten gelebt werden, trägt der Tod die Chance zum Neubeginn in sich.
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