Ein Tag aus dem Leben des Iwan Denissowitsch ist zweifellos das aufsehenerregendste Buch, das nach dem Krieg in der Sowjetunion veröffentlicht wurde. Heute ist dieses Buch aus den Buchhandlungen in der Sowjetunion wieder verschwunden, für das sich Chruschtschow auf dem 22. Parteitag mit den Worten einsetzte: "Es ist unsere Pflicht, derartige Angelegenheiten, die mit dem Mißbrauch der Macht zusammenhängen, sorgfältig und allseitig zu klären. Solange wir arbeiten. können, müssen wir vieles klarstellen und der Partei und dem Volk die Wahrheit sagen..." Solschenizyn hat das gequälte Gewissen jener zahllosen Russen erleichtert, die solange in vollem Wissen um die Schande in Stummheit leben mußten.
Das Buch ist keineswegs eine sensationell aufgemachte Aneinanderreihung grausamer Enthüllungen und der im Titel genannte "Tag" unterscheidet sich kaum von den mehr als dreitausend anderen Tagen der Gefangenschaft Denissowitschs. Es werden weder Folterungen beschrieben, noch wird offen gegen das Unrecht protestiert, aber der stumme Protest, der die Erzählung bestimmt, wirkt gerade durch die eindringliche, detaillierte Schilderung des monotonen Lagerlebens um so stärker.
Es ist unumgänglich für jeden, der sich ein Bild von den Entwicklungen jener Zeit in der Sowjetliteratur machen will, das hier neuaufgelegte erste Buch von Solschenizyn zu lesen.