Was ist die Geschichte hinter der Geschichte? Als richtiger Bücherwurm hast Du Dir die Frage sicherlich auch schon das ein oder andere Mal gestellt, während Du begeistert Seite um Seite eines neuen Buchs gelesen und Dich gefragt hast, wie der/die Autor:in bloß auf diese Idee gekommen ist. Umso schöner ist es doch, wenn es die Möglichkeit gibt, von den Verfasser:innen selbst zu erfahren, wie aus einem ersten Gedanken über Wochen und Monate der Roman geworden ist, den man nach dem Lesen voller Überzeugung an die Freund:innen weiter empfiehlt.
Und weil auch wir Skoobistas dieses Gefühl kennen, freuen wir uns immer sehr, wenn wir gelegentlich die Möglichkeit haben mit tollen Autor:innen über die Bücher zu sprechen, die bei Skoobe landen. Diesmal haben wir dafür mit der Autorin Petra Mattfeldt gesprochen, die in diesem Jahr unter dem Namen Caren Benedikt „Das Grand Hotel - Die nach den Sternen greifen“ veröffentlicht hat. Was es mit diesen beiden unterschiedlichen Namen auf sich hat? Das wollten wir natürlich auch wissen, also haben wir nachgehakt und konnten noch einiges über Pseudonyme lernen. Außerdem ging es um Inspiration, Heimatverbundenheit, die Anfänge als Autorin und natürlich die Entstehung der historischen Familiengeschichte, die sich im wunderschönen Binz der 1920er-Jahre abspielt. Frau Mattfeldt, vor Ihrer Karriere als Schriftstellerin arbeiteten Sie als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte. Wie haben Sie sich dazu entschlossen, den Weg als Autorin zu gehen und welche Hürden gab es für Sie? Gab es einen besonderen Moment, in dem Sie gemerkt haben: Es klappt, ich kann das Schreiben zu meinem Beruf machen?
Ich denke, dass immer etwas in mir war, das schreiben wollte. Ich liebe Geschichten, egal ob ich sie lesen, hören, sehen oder selbst schreiben darf. Einen richtigen Entschluss gab es dabei gar nicht. Ich habe zuerst Kurzgeschichten für meine Kinder geschrieben, dann sogar einen ersten „richtigen“ Roman. Diesen habe ich bei einem Wettbewerb eingereicht und den zweiten Platz gemacht. Mir wurde damals bestätigt, dass ich talentiert schreiben kann. Hätte ich seinerzeit kein gutes Feedback erhalten, würde ich heute wahrscheinlich immer noch als Angestellte arbeiten. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich zu hundert Prozent weiß, was ich tue, es fühlte sich einfach richtig an. Ich habe mich in historischen Romanen ausprobiert und die kamen sowohl bei Verlagen als auch bei ersten Leser:innen gut an, also habe ich mich entschieden, weiterzumachen. Dass ich das Schreiben wirklich zu meinem Beruf machen könnte, dachte ich das erste Mal 2011, vielleicht auch 2012. Nachdem ich „Die Feinde der Tuchhändlerin“ geschrieben hatte und mir bereits die nächsten Ideen kamen, fing ich in diesem Zeitraum an, wirklich zeitintensiv an meinen Büchern zu arbeiten, also nicht zu schreiben, wann es gerade passte, sondern meine anderen Aktivitäten um das Schreiben herum zu ordnen. Ich bin unglaublich dankbar für all die Menschen, die mich schon früh unterstützt haben, mich ermutigten weiter zu machen und auf keinen Fall aufzugeben. Ich denke, dass gerade diese Unterstützung mir sehr geholfen hat, das, was ich liebe, zu meinem Beruf machen zu können.
Sie sind als Autorin in verschiedenen Genres zu Hause und nutzen deshalb auch Pseudonyme für viele Ihrer Bücher. Können Sie erklären, weshalb Autor:innen diese Möglichkeit nutzen und nicht alle Bücher unter demselben Namen veröffentlichen?
Das Thema Pseudonyme ist eine Wissenschaft für sich. Manche sind große Verfechter von ihnen, andere halten sie für unnötig. Letztendlich sind Pseudonyme ansprechende Namen, die den Leser:innen schon etwas über die Bücher verraten, also Leseerwartungen wecken. Das mag bei meinen Pseudonymen nicht ganz so deutlich sein wie beispielsweise bei skandinavischen Krimis. Liest man einen typisch norwegischen oder schwedischen Namen weiß man wahrscheinlich bereits, worum es sich handelt. Bei mir wurde zum Beispiel anfangs überlegt, ob ich nicht ein männliches Pseudonym bekommen soll, einfach weil mir nachgesagt wurde, dass ich recht männlich schreibe. Da allerdings meist Frauen die Protagonisten in meinen Büchern sind, wurde es Caren Benedikt und später Ellin Carsta. Unter Petra Mattfeldt habe ich Krimis und Jugendbücher geschrieben und logischerweise kommt es zu Verwirrungen, wenn sich Leser:innen an Krimis erinnern, während sie einen historischen Roman in den Händen halten. Meine Pseudonyme waren nie geschlossen, also dass ich praktisch geheim schreibe und niemand meine Pseudonyme miteinander in Verbindung bringt. Das Problem ist, dass man meiner Meinung nach weniger frei ist, wenn man „nur“ unter seinem richtigen Namen schreibt. Schreibt man drei Krimis, dann ist man häufig auf Krimis festgelegt. Ich wollte mich hier nie so weit einschränken lassen, deswegen habe ich mich für Pseudonyme entschieden. Bestimmt gibt es noch ganz viele Aspekte, die ich gerade außer Acht gelassen habe, aber ich denke, dass mein Punkt verständlich ist.
Auch das „Grand Hotel“ ist unter einem Pseudonym veröffentlicht worden. Was zeichnet die Titel von Caren Benedikt besonders aus?
Das ist eine gute Frage! Caren Benedikt ist mein erstes Pseudonym gewesen, also so gesehen der Grundstein, unter dem ich historische Romane veröffentlichen konnte. Die historischen Romane waren zuerst bei mir im Mittelalter angesiedelt, auch wenn ich mich hier frei durch Hoch- und Spätmittelalter bewegte. Ich liebe das Mittelalter, deswegen habe ich auch so viele Geschichten, die in dieser Zeit spielen, allerdings wollte ich irgendwann etwas anderes, ich wollte etwas Neues. Gerade das 19. und 20. Jahrhundert hatten es mir danach angetan und so entstand die erste Idee für mein Grand Hotel. Ich würde sagen, dass Bücher von Caren Benedikt vor allem auszeichnet, dass sie zwar fundiert recherchiert, vor allem aber unterhaltsam sind. Ich war nie interessiert daran, Sachbücher zu schreiben. Viel wichtiger als die historischen Ereignisse war mir, wie die Menschen damit umgegangen sind, was sie bewegt haben könnte. Deswegen setze ich mich in meinen Büchern viel mit inneren Konflikten auseinander, die dann in äußeren Konflikten wiederzufinden sind. Ich glaube, dass man anhand von Caren Benedikt gut meine Entwicklung nachvollziehen kann, von ziemlich klassischen historischen Romanen immer mehr zu meinem eigenen Stil, der hoffentlich auch weiterhin die Leser:innen erfreut. Gerade „Das Grand Hotel“ ist für mich ein ganz neues Projekt, bei dem ich mich völlig anders ausprobieren konnte. Ich wollte diese Spaltung der Gesellschaft in den Zwanziger Jahren aufzeigen, zwischen Fort- und Rückschritt, Freiheit und Sicherheit, Hemmungslosigkeit und dem Bewahren alter Werte, Luxussucht und Armut. Genau das habe ich in der Gegenüberstellung von Berlin und Binz gemacht, was mich ganz anders gefordert hat als in meinen früheren Büchern.
Sie sind in Norddeutschland geboren und leben auch heute noch in der Nähe von Bremen. Das titelgebende „Grand Hotel“ in Ihrem Roman steht in Binz, auf Rügen. Welche Bedeutung haben Norddeutschland und die Nord- und Ostsee für Sie? War eine gewisse Heimatverbundenheit der Grund für die Ortswahl?
Zunächst muss ich einmal sagen, dass man wahrscheinlich kaum einen größeren Nord- und Ostsee-Fan als mich finden wird. Ich liebe das Meer und den Strand. Nicht wenige meiner Ideen sind genau an diesen Stränden entstanden. Ob es wirklich Heimatverbundenheit ist, weiß ich nicht, mir ging es darum, einen Ort mit Geschichte, Tradition und vor allem Ruhe zu finden. Wie bereits gesagt brauchte ich einen Gegensatz zum wilden Berlin. Mein Mann und ich sind nach Binz gereist und haben das heutige Kurhaus Binz besucht. Man kann sagen, dass ich mich in Binz verliebt habe, in den Strand, das Meer und die Seebrücke. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, die Atmosphäre, die man noch heute an diesem Ort spürt, in mein Buch zu bringen. Gibt es etwas Schöneres, als aufzuwachen und das Rauschen der Wellen zu hören und die Meerluft zu schnuppern? Wenn ich so ins Schwärmen gerate, spielt die Heimatverbundenheit vielleicht doch eine Rolle. Ich jedenfalls kann jedem nur empfehlen, die Seebrücke entlang zu schreiten – und vielleicht die Schritte zu zählen, wie es Bernadette von Plesow getan hat.
„Das Grand Hotel: Die nach den Sternen greifen“ ist der Auftakt einer opulenten Familiensaga, beginnend in den 1920er-Jahren. Im Mittelpunkt steht Bernadette von Plesow, die in dem prächtigen Hotel entgegen aller Widrigkeiten, wie dem Tod ihres Mannes, ihre drei Kinder großgezogen hat. Wie haben Sie recherchiert, um das Flair dieser Zeit und dieses Ortes in Ihrem Roman einzufangen? Haben Sie auch in Ihrem persönlichen Umfeld Inspiration für diese Geschichte gefunden?
Bernadette selbst ist meiner Großmutter nachempfunden, eine starke Frau, die immer ihren eigenen Weg entgegen aller Widrigkeiten ging. Welche Teile genau ich verwendet habe, werde ich allerdings nicht verraten, dieses Wissen gehört nur ihr und mir. Wie bereits erwähnt bin ich nach Binz gefahren und war im Kurhotel. Nicht nur war das Personal dort sehr freundlich, sie waren auch aufgeschlossen, wenn ich Fragen zur Geschichte des Hotels hatte. Zum Beispiel hängen auch einige Bilder oder ältere Ausstellungsstücke in den Fluren, die ich sofort fotografierte. Die Hotelzimmer sind natürlich alle erneuert worden, aber mir ging es auch nicht unbedingt um jedes kleine Detail, sondern die Atmosphäre, die dieser ruhige Ort einem gibt. Außerdem habe ich im Ort mehrere alte Postkarten mit Fotos von dieser Zeit gekauft. Mehr brauchte es nicht, die Atmosphäre und besonders das einfache Verweilen auf der Seebrücke reichen, um sich in den Ort einzufühlen. Um gut über die Zeit informiert zu sein, habe ich mir viele Dokumentationen angesehen. Auch das war eine relativ neue Erfahrung für mich. Während ich bei historischen Romanen, die im Mittelalter spielen, logischerweise wenig Bild- und Videomaterial nutzen kann, waren gerade die bewegten Bilder vom Nachtleben in Berlin sehr wichtig für mich. Wie gesagt, meine Bücher sollen zwar historisch fundiert sein, mein Hauptfokus liegt aber auf den Personen selbst, ihren Gefühlen und Konflikten.
Der Roman war 9 Wochen lang auf Platz 11 der Spiegel Paperback Bestsellerliste. Nächstes Jahr wird bereits der zweite Band erscheinen. Können Sie einen kleinen Ausblick darauf geben, was die Leser:innen erwarten wird?
Der zweite Teil hält einiges an Verwicklungen bereit. Ich möchte hier jetzt niemanden etwas spoilern, der den ersten Teil noch nicht gelesen hat, deswegen werde ich mich bedeckt halten. Constantin steigt nicht ohne Hintergedanken in das Boxgeschäft ein, er ist besessen von einer Idee, die aus Schuldgefühlen entstanden ist. Josephine wird eine noch größere Rolle übernehmen und ihre Mutter im Hotel unterstützen. Bernadette hat mit ihrem letzten Schicksalsschlag zu kämpfen, als ein Mann auftaucht, der ihr seltsam bekannt vorkommt … Ich kann versprechen, dass der zweite Teil erneut einiges an Spannung, Intrigen, aber auch viel Gefühl bereithält. Ich bin schon jetzt gespannt auf die Reaktionen der Leser:innen und hoffe natürlich, dass es ihnen gefällt.
Momentan widmen Sie sich der Saga rund um das Grand Hotel, neben Historischen Romanen wie diesen, haben Sie bereits diverse Krimis und Thriller veröffentlicht. Gibt es ein Genre an dem Sie sich in der Zukunft gerne probieren würden?
Darüber habe ich noch gar nicht so viel nachgedacht. Im Moment schreibe ich an mehreren Projekten, die ich alle für sich extrem spannend und reizvoll finde. Außerdem habe ich in meinen historischen Romanen immer die Möglichkeit, Krimi- und Liebesaspekte mit einzubringen, ich würde also nicht sagen, dass ich rein historische Romane schreibe und genau das gefällt mir sehr. Insgesamt schreibe ich gerade genau das, was ich auch selbst gerne lese und da möchte ich weiter machen. Wohin genau mein Weg mich führt, kann ich nicht sagen, aber es wird sehr wahrscheinlich etwas mit Geschichte zu tun haben – und vielleicht ein bisschen Mord und Totschlag bieten.
Ihre eigenen Titel haben bei verschiedenen Verlagen eine Heimat gefunden, inzwischen sind Sie mit der Maximum Verlags GmbH selbst als Verlegerin aktiv. Das heißt, Sie kennen „beide Seiten“. Wie hilft Ihnen das bei der Arbeit mit Ihren Autor:innen? Welches Ziel verfolgen Sie bei der Zusammenstellung Ihres Verlagsprogramms?
Ich glaube, dass mir die beiden Seiten sehr helfen. Es ist lustig, denn genau so argumentiere ich immer, wenn ich gefragt werde, warum ich einen eigenen Verlag gegründet habe. Ich habe von so vielen Autor:innen gehört, was für Erfahrungen sie gemacht haben. Viele werden schlecht behandelt. Ich konnte so etwas bei meinen Verlagen nie feststellen, mir wurde immer geholfen, deswegen möchte ich jetzt etwas zurückgeben. Ein großer Punkt ist das Beantworten von Manuskripten. Große Verlage haben oftmals einfach keine Zeit dazu, viele Manuskripte zu beantworten. So bleiben frustrierte Autor:innen zurück, die innerlich die Verlagsbranche verfluchen. Bei Maximum herrscht deswegen der Grundsatz, dass jede Anfrage eine Antwort bekommt. Ich weiß, wieviel Arbeit hinter einem Manuskript steckt und ein bisschen Wertschätzung ist das Mindeste, was wir als Verlag zurückgeben können. Ich habe das Gefühl, viele Autor:innen besser zu verstehen und das ist ein großer Vorteil für meinen Verlag. Beim Verlagsprogramm ist mir natürlich wichtig, dass ich von den Büchern überzeugt bin. Ich kann den Verlag zusammen mit meinem wunderbaren Team Stück für Stück aufbauen, er kann organisch wachsen. Besonders wichtig ist aber, dass ich Autor:innen fördern kann, die für ihre Projekte brennen und vor allem an sich arbeiten möchten. Ich bin davon überzeugt, dass ein nicht unwichtiger Punkt meines Erfolgs ist, dass ich immer bereit bin, an meinen Ideen und meinem Schreibstil zu feilen. Wenn Autor:innen diese Bereitschaft und dazu ein für mich gutes Manuskript liefern, freue ich mich auf eine Zusammenarbeit. Bei Maximum versuchen wir, die Autor:innen stark in Prozesse mit einzubeziehen. Das tun die Verlage, mit denen ich zusammenarbeite, ebenfalls, und ich liebe es. Es ist eine tatsächliche Zusammenarbeit bei Ideen zum Cover, zum Klappentext oder zum Manuskript. Diese Philosophie habe ich bei Maximum übernommen, da ich glaube, dass wenn alle mit einem Ergebnis zufrieden sind, sie auch bereit sind, mehr für das jeweilige Buch zu machen und diese Bereitschaft zahlt sich aus. Der Verlag sucht nach Manuskripten in den Bereichen Krimi/Thriller, historischer Roman und Liebe/Unterhaltung. Wir arbeiten außerdem aktiv mit Agenturen zusammen, die ideal sind, um eine gute Vorarbeit zu liefern und uns damit Einiges an Arbeit abzunehmen. Wichtig ist mir immer, dass die Qualität der Bücher gewahrt wird und zwar in allen Bereichen, sowohl beim Cover als auch beim Text selbst und natürlich auch in der Werbung und Vermarktung.
Mit Ihrer Liebe zum Schreiben von einzigartigen Geschichten geht bestimmt auch eine Liebe zum Lesen einher. Deswegen ist meine abschließende Frage: Was lesen Sie besonders gerne? Welche drei Buchtipps haben Sie für unsere Skoobe-Leser:innen?
Sie haben absolut recht, ich liebe Bücher! Ich selbst lese inzwischen berufsbedingt nicht mehr so viele historische Romane wie früher. Damals war „Die Säulen der Erde“ von Ken Follett mein Lieblingsbuch. Heute lese ich quasi quer durch den Garten. Mir gefallen die Krimis von Jussi Adler Olsen, aber auch die Millenium-Trilogie fand ich toll.
Um in jedem Bereich etwas zu nennen, hier drei Bücher, die ich absolut empfehlen kann:
Ich kann mir vorstellen, dass vor allem letzteres Buch meine Leserinnen und Leser überraschen wird. Aber ich fand dieses Buch einfach herrlich ☺
Liebe Frau Mattfeldt, vielen Dank für das Gespräch und die Buchtipps. Wir freuen uns schon sehr, bald erneut das Grand Hotel zu besuchen und sind gespannt auf die Fortsetzungen!
Bist Du schon ganz gespannt auf „Das Grand Hotel“? Schreib uns gerne unter service@skoobe.de, Facebook oder Instagram.
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