Wolf Spillner war eine wunderbare Doppelbegabung - er konnte mindestens ebenso gut schreiben wie fotografieren. Und beides konnte er ausgezeichnet. Eines seiner wichtigsten Themen waren die Schönheit und der Schutz der Natur. Spillner, der wegen seiner antimilitaristischen Grundhaltung als junger Mann 1955 aus der alten Bundesrepublik im Jahre der Wiederaufrüstung in die DDR wechselte, darf man ohne Übertreibung als einen frühen Grünen bezeichnen, als es diese hier eigentlich noch gar nicht gab. Mit dem Thema Natur und Schutz hat er sich in Wort und Bild(ern) immer wieder auseinandergesetzt und versucht, eine naturfreundliche und naturschützende Haltung den Kindern nahezubringen, in und mit denen nach einem schönen Wort von Heinrich Mann die Zukunft gerettet wird.
Wie war es mit dem Naturschutz in der DDR bestellt? Eine Antwort darauf gibt dieser schöne Bild-Text-Band oder Text-Bild-Band – je nachdem man es betrachten möchte. Betrachten sollte man auf jeden Fall die wunderbaren Fotos des begeisterten Naturfotografen Spillner, für die er oft stundenlanges Warten auf sich genommen hatte. Und in jedem Falle des aufmerksamen Lesens wert sind die Beschreibungen der insgesamt 14 Naturschutzgebiete – aus jedem der damaligen 14 DDR-Bezirke war eines ausgewählt worden -, dessen Vergnügen schon bei den Überschriften wie „Tanzplatz der Kollerhähne“ oder „Hirschkäfer und Honig“ beginnt und sich in den ausführlich-kenntnisreichen Beschreibungen fortsetzt.
Ein Beispiel gefällig? Hier ist es:
Eine Insel der Großstadt
Bezirk Schwerin: Das Naturschutzgebiet Kaninchenwerder
Größe: 53 Hektar
Im Text räumt der Autor mit einem Missverständnis in Bezug auf Kaninchenwerder auf:
Nun sind Kaninchen weder auf der Insel Hiddensee noch auf diesem Werder wirklich heimisch. Vielmehr sind sie von Menschen eingebürgert worden. Auf dem trockenen, sandigen Hochland der Ostseeinsel fühlen sie sich bis heute wohl, auf der Insel im Schweriner See aber wird es ihnen niemals gefallen haben. Sie ist zu schwergründig und zu feucht. Wildkaninchen mögen es warm und trocken, denn sie stammen aus dem Mittelmeergebiet. Von dort sind sie im Mittelalter über Spanien auch nach Deutschland gebracht worden. Sie sollten dem Adel als Jagdwild dienen, und sie waren damals noch selten. Deshalb setzte man die teuren Tiere auf einer Insel aus. Da waren sie vor Feinden gut geschützt und konnten kaum entweichen.