Vitomil Zupan (1914–1987), das Enfant terrible der slowenischen Literatur, erkundete in seinen Werken sein eigenes Leben im Verhältnis zu den gesellschaftlichen Umständen – oder vielmehr in den Widersprüchen dazu. In »Levitan« schreibt Zupan über die Jahre in Haft nach dem Zweiten Weltkrieg, als er wegen Unmoral, Dekadenz und politischer Unberechenbarkeit aus dem Verkehr gezogen wurde. Der brisante, 1970 fertiggestellte Text konnte erst 1982 erscheinen. Derbe Zoten und größenwahnsinnige erotische Phantasien gehen darin in tiefgründige theoretische Reflexionen über; hellsichtige, fast liebevolle Charakterisierungen von Mithäftlingen und deren Lebensgeschichten wechseln sich ab mit wüster Verdammung der Gesellschaft und ihrer Institutionen.
Gleichzeitig ist »Levitan« ein intensiver psychologischer und philosophischer Trip in das beschädigte Bewusstsein eines Inhaftierten, ohne jede falsche Zurückhaltung aus Nettigkeit oder aus Opportunismus. Zupan prahlt, wütet, beschimpft und enthüllt – und erringt auf nahezu jeder Seite überraschende Einsichten, trifft wunde Punkte und stellt überkommene Überzeugungen auf den Kopf. Das Buch ist von umstürzlerischer Kraft und erzählt von der Parallelgesellschaft der Ausgestoßenen, die sich im Gefängnis versammelt. Erwin Köstlers Übersetzung folgt noch dem abwegigsten Gedankengang Zupans und bleibt nicht hinter dessen sprunghafter Genialität zurück: Seiner übersetzerischen Präzision ist es zu verdanken, dass wir dieses fordernde, tiefgründige Werk in seiner ganzen irrlichternden Weisheit und Unwiderstehlichkeit lesen können.