Das Verb 'etwas oder jemanden wertschätzen' gehört ganz selbstverständlich zum Vokabular der Pastoral. Einen pastoralen Vorgang oder jemanden in pastoraler Aktion 'evaluieren' hingegen nicht. Das Wort 'Evaluation' scheint aus der Welt der Ökonomie zu kommen und seine Bedeutung driftet in Regionen, die manche so gar nicht mit Pastoral
verbunden sehen möchten: Überprüfung, Effektivität, Controlling. Dabei sagt 'evaluieren' wenig anderes als 'wertschätzen', nur eben auf Latein. Wird jemand evaluiert, dann wird seinem oder ihrem Handeln Bedeutung zugemessen. Dann wird unterstellt, dass pastorales Handeln wertvoll sein will und sein kann.
Neben die sprachliche Verwandtschaft tritt ein sachlicher Bezug: Wer sich heute in die Hände eines Krankenhauses begibt, erwartet selbstverständlich, dass Personal und Prozesse unter Qualitätsgesichtspunkten evaluiert wurden, und das permanent. Schließlich geht es um die eigene Gesundheit. Analoges gilt zum Beispiel für die Erwartung an Reiseanbieter oder an die Autoreparatur. Auch hier wird selbstverständlich geprüfte Qualität vorausgesetzt. Wenn das aber so ist, soll denn dann für die Pastoral anderes gelten als für die Gesundheit, den Urlaub oder das Auto? Welchen Grund kann es geben, nicht auch in der Pastoral zu erwarten, dass Personal, Prozesse und Programme evaluiert werden?
Manche von Ihnen werden nun spontan zustimmen oder aber ein Störgefühl entwickeln. Das Thema 'Pastorale Evaluation' ist kontrovers. Sehr gut, denn so entsteht die Möglichkeit, etwas Neues zu lernen. Dieses Heft der Lebendigen Seelsorge bietet Ihnen das Material für die eigene Urteilsbildung: Argumente, Debatten, Beispiele, O-Töne, Methoden – und Bilder! Katharina Gebauer aus dem Gestaltungsteam von wunderlichundweigand ist für uns ins Atelier gegangen und kam mit einigen Cartoons wieder heraus: amüsante, ironische, zupackende, fragende. Viel Spaß auch damit!
Matthias Sellmann
Dr. theol., Professor für Pastoraltheologie
an der Ruhruniversität Bochum