Zweifellos gehört die eigene Sterblichkeit mit zu den Gewissheiten, die den Menschen existentielle Angst einflösst. Häufig hat er daraus in der Geschichte den Schluss gezogen, dass mit dem eigenem Sterben nicht das Ende des Lebens, sondern der Anfang eines neuen Lebens gekommen sei. Diese Vorstellung eines Jenseitsleben ist heute in Europa und Nordamerika, in China und Südkorea, in Australien und anderen Ländern auf dem Rückzug. Es stellt sich daher die Frage, ob der Annihilationismus eine neue Erscheinung ist, die mit Wohlstandsgesellschaften im Zusammenhang steht, oder nicht doch auch ältere Wurzeln hat. Die vorliegende Reihe geht dieser Frage nach, indem sie Positionen antiker Philosophien aus Europa, Indien und China vorstellt, die die einfache "Lösung" der Sterblichkeit, d.h. die Leugnung des Endlichkeit des Lebens, kritisiert oder ganz negiert. In diesem ersten Band wollen wir die antiken Philosophien Europas untersuchen. Beginnend mit der Vorsokratik und anschießend mit Philosophen und Gelehrten der Nachsokratik bis hin zur Römischen Kaiserzeit versuchen wir das kritische Gedankengut hinsichtlich eines postmortalen Lebens darzustellen, das in der griechischen Welt entspross und in dem römischen Imperium die Lebenseinstellung vieler Menschen prägte. In einem Anhang wollen wir kurz auf einige Naturvölker eingehen, die überraschenderweise ein gewisses Mißtrauen gegenüber Spekulationen, die ein Jenseits zum Inhalt haben, hegen.