Eines späten Nachmittags war es stickig heiß. Die Sonne verbarg sich hinter Gewitterwolken, aber es wollte nicht regnen. Bleiern und feucht hing die Hitze über dem Heimkomplex und den daran anschließenden Wäldern. Die Kleidung klebte an unseren Körpern. Mir war es egal, denn im Augenblick war ich glücklich. Ich konnte mit Doris zusammen sein. Wir lagen zusammen am Aubach, schauten uns an und streichelten uns gegenseitig. Wir waren beide vierzehn Jahre alt und liebten uns. Und dann kam es, das Gewitter. Aber es regnete nicht. Das Gewitter, das über uns hereinbrach, kam in der Gestalt des Pfarrers Drangsal und es hagelte nur so auf uns nieder. Seine Schläge prasselten auf mich herab. Er schlug mit einer fingerdicken biegsamen Rute auf mich ein, und als ich aufsprang, schleuderte mich ein Faustschlag zu Boden, als ob mich Thors Hammer getroffen hätte. Aber es war nicht der Abgesandte Wotans, sondern der Abgesandte Gottes, der seinen Stellvertreter Pfarrer Drangsal als Wächter der moralischen Ordnung zu uns gesandt hatte. Dieser Wächter von Sitte und Anstand schlug nun mit der Rute auch auf Doris ein. Ich sprang auf, wollte sie schützen, wollte ihr helfen. Was hatten wir getan? Wir hatten uns lieb, hatten uns nur angesehen, uns gestreichelt. Ich stellte mich vor sie, aber ein erneuter Faustschlag ließ mich besinnungslos zu Boden gehen. Ich war zu schwach, ein solches Gewitter konnte ich nicht aufhalten, es war ja ein von Gott gesandtes Gewitter. In diesem Moment verstand ich Gott nicht mehr.