Autobiographie von Shokhan Kamil
Shokhan kommt 1980 als ältestes von fünf Kindern in der kurdisch-irakischen Stadt Sulaimaniya zur Welt. Nach dem Tod des Großvaters reisen die Eltern mit den Geschwistern überstürzt nach Europa und lassen die Erstgeborene bei Großmutter Daya zurück. Das Mädchen betrachtet oft den im Abendlicht golden leuchtenden Gebirgskamm im Norden der Stadt. Wo dahinter mochte ihre Familie jetzt wohl leben? Ihre Onkel kämpfen mit den Peshmerga in den Bergen für ein autonomes Kurdistan und sind Zielscheibe des irakischen Regimes. Nach Giftgasangriffen flüchtet Daya mit Shokhan in den benachbarten Iran, wo sich die beiden vor der Sittenpolizei in Acht nehmen müssen, aber zum Glück Zuflucht bei Verwandten finden. Mit den Golfkriegen verschärft sich die Situation der Kurden und demzufolge auch die Existenznot von Großmutter und Enkelin. Der Vater steht eines Nachts plötzlich vor der Tür. Die Dreizehnjährige muss sich innerhalb von Stunden zwischen einem sicheren Leben im unbekannten Österreich und dem bedrohlichen Alltag bei der geliebten, aber betagten Daya entscheiden.
Niemand wartet in der neuen Welt auf Shokhan. Die Kluft zwischen ihr und den Eltern ist zu groß, um in der eigenen Familie eine neue Heimat zu finden. Als hätte die Jugendliche nicht schon genug Baustellen mit ihrer körperlichen Veränderung und dem familiären Bruch, muss sie sich als Fremde mit einer neuen Sprache, mit Rivalitäten, mit einem anderen Schulsystem und der Berufswahl auseinandersetzen. Es erstaunt wenig, dass sie in schlechte Gesellschaft und an Substanzen gerät, die ihr helfen, der nackten Realität zu entfliehen. Shokhan wird heroinabhängig und landet tief verschuldet am Rand des Abgrunds. Dank eisernem Willen, Musik, spirituellen Erfahrungen und der Hilfe von Freundinnen schafft es Shokhan schließlich über einen langen, steinigen Weg zurück ins Leben.