März 1982 : Journalist Tom Friedemann wartet in Basel auf den Intercity. Er möchte zurück in die Bundeshauptstadt Bonn. Der Zug kann nicht pünktlich losfahren. Die Basler-Polizei sucht nach Dieben und Schmuggler. Als der Intercity endlich fahren darf, kommt es erneut zu einem Zwischenfall: Toms Tischnachbar im Speisewagen liegt mit einem Herzinfarkt auf der Toilette. Notfall! Der Zug muss am Bahnhof in Lahr anhalten. Der Journalist fährt im Rettungswagen mit ins Krankenhaus. Dort lernt er den todkranken kauzigen Legionär André Pleichach kennen. Pleichach schenkt ihm mit den Worten "die Zeit ist das, was bald geschieht" eine wertvolle, mystisch anmutende Armbanduhr. Das Zifferblatt ist schwarz wie die Nacht. Die Uhr zeigt weder Stunden noch Minuten an. Langsam begreift der Journalist, warum Pleichach ausgerechnet ihm die Uhr schenkte: Der Legionär ist sein Vater. Tom wird zum Medium der mysteriösen Uhr. Sie rechnet auf und zieht ab. 20.440 Tage beträgt Toms Zeitkontingent. In 56 Jahren endet sein Leben. Wer Tom die linke Hand reicht, kennt anschließend seinen Todestag. Damit macht er sich nicht nur Freunde. Er wird verfolgt, gejagt und gehasst. Fremdenlegionäre und Stasi-Agenten wollen dem gewieften Journalisten die Lebensuhr und Kommandant Pleichachs illegales Millionen-Erbe abjagen. Sie sind dem Tod geweiht, was sie zu spät begreifen. Es kommt zu irren Verkettungen tragischer, teilweiser skurriler Ereignisse. Tom zieht von Bonn nach Würzburg. Dort lernt er seinen bisher unbekannten Halbbruder Marcel kennen ......
Kaum vorstellbar, aber zum Greifen nah: Eine Uhr zeigt keine Stunden und keine Minuten, sondern nur noch Tage an. Genau die Anzahl an Tagen, die uns noch bleiben. Glücklicherweise macht der Autor dank seiner Suggestivgaben, seinem Gespür für Spannung und nicht zuletzt seinem Faible für verschiedene Lebenseinstellungen aus seiner Fantasie eine verrückte Geschichte.
Autor Rudolf F. Thomas hat Freude daran, die Realität mit der gewünschten Wirklichkeit zu vermischen. Beim Lesen stellt sich jeder die Frage nach der eigenen Lebenszeit. Was wäre, wenn ich wüsste ....? Wie kaum ein anderer zeitgenössischer Autor hat er einen fabelhaften Blick für Themen, Probleme und Motive. Seine Geschichte im Umgang mit der Lebenszeit wechselt immer wieder zwischen Irrsinn und Wahrheit hin und her. Das Buch ist einzigartig lebendig. Spannend ist es allemal. Die Charaktere der Roman-Figuren faszinieren durch ihre unterschiedliche Lebenseinstellung.
Rudolf F. Thomas gelingt mit »Pleichach« ein atemberaubender Roman. Die geschickte Erzählkomposition, der exzentrische Charakter der Roman-Figur Tom Friedemann und die zwielichtigen Geheimnisse seines Vaters ziehen die Leser in die Geschichte. Trotz der vielen Konflikte strotzt der Roman vor italienischem Flair und einer südländischen Leichtigkeit. Wer in der Reihe bereits »Morgenlatten« von Rudolf F. Thomas verschlungen hat, wird »Pleichach« nicht mehr aus der Hand geben.