"Sprachkürze gibt Denkweite." (Jean Paul)
Der isolierbare Aphorismus ist leider heruntergekommen zu lustiger Blödelei oder seichtem Gesinnungsspruch und sollte doch rehabilitiert werden als ein philosophischer Gehalt in literarischer Gestalt, als satirisches Zwerg-Rätsel, als paradoxes Erkenntnisspiel zwischen Bild und Begriff, Gefühl und Gedanke, Metapher und Metaphysik, Phantasie und Verstand, Einbildungskraft und Urteilskraft. Dieses Bonmot ist das "kleinstmögliche Ganze".
Die prägnante Sentenz ist eine leider immer noch zu kurz kommende Literaturgattung. Die Leser pflücken sich pointierte Sätze aus ganzen Aufsätzen leichter als Literaturwissenschaftler zu eigenen Anthologien zusammen.
Die vieldeutigen "Maximen und Reflexionen" bieten rationale Vernunftkritik in konzisen Gedankenexperimenten und stellen sich in die fast vergessene Tradition frühromantischer Fragmente und europäischer Moralisten, die seit dem 17. Jahrhundert die "mores" analysierten, die Sitten und Gebräuche ihrer Epochen.
"Der Aphorismus ist nur aus seiner Stellung zwischen Philosophie und Poesie beschreibbar." (Stephan Fedler, 1992)