Diese Ausgabe von "Ballade am Strom" wurde mit einem funktionalen Layout erstellt und sorgfältig formatiert.
Aus dem Buch:
"Wie tief es mich nun bewegt, da ich mich anschicke, dir zu schreiben. Mir ist, ich dürfe nicht viele Worte machen, um dir einleitend zu erklären, warum ich hier im Rheinwald hause, einsam geworden aus der Erkenntnis heraus, ich bedürfe jetzt keiner Menschen, sondern nur des wandernden Stromes, der rauschenden Bäume, der Winde und Wolken und des wilden Getiers, das mich umgibt; ich bedürfe nur dieser Wesen und Dinge und des Alleinseins, um das vollenden zu können, was mich erfüllt und was für dich ein Wegweiser sein soll in die Heimat, die du im Groll verlassen hast, aus Überdruß an den Menschen und aus Abscheu vor Lüge und Verrat. Ein Versuch, aus Zeitenwandel und Schicksal eines unglückseligen Landes heraus das Wesen und die dunklen Regungen der Menschenbrust, ja selbst das Verbrechen und den Wankelmut des Herzens zu erklären und mit seinen trüben Folgen milde zu verzeihen, wissend um alle Nöte und um die Zerrissenheit der menschlichen Kreatur, ein solcher Versuch, unternommen aus schlummernder Liebe zu allem, was lebt und atmet, sich ängstigt und freut, auftaucht ins Licht und versinkt in die Schwärze, soll für dich zur Geste des Mitleidens werden und dir die innere Größe geben, mit lächelndem Schauen über Menschen und Ereignissen zu stehen und deine Heimat, gerade wegen ihres zertretenen und geschändeten Schicksals, ihrer Menschenmischung aus Gut und Böse, um so stärker zu lieben.
Roland Betsch (1888-1945) war ein deutscher Ingenieur, Schriftsteller, Erzähler und Dramatiker.