Der Ich-Erzähler in diesem Werk wird von dem Grundbesitzer Monsieur de Peyrehorade in der nahegelegenen französischen Gemeinde Ille zu einer Hochzeitsfeier eingeladen. Peyrehorades Sohn Alphonse wird die 18-jährige Mademoiselle de Puygarrig aus der Nachbarschaft heiraten. Der Vater des Bräutigams führt den Gast aus Paris durch sein Anwesen. Ganz in der Nähe des Herrenhauses, neben einem Ballspielplatz, steht die Statue einer bronzenen Venus. Glück bringt dieses Relikt aus der Römerzeit des Roussillon dem kunstinteressierten Besitzer nicht. Von seinem Zimmer im Herrenhaus aus beobachtet der Archäologe nachts vor dem Schlafengehen, wie ein junger Katalane die Venus mit einem Stein bewirft. Der fluchende Bursche war kurz darauf von seinem zurückprallenden Geschoss getroffen worden. Am nächsten Morgen beschaut sich der Hochzeitsgast aus Paris die Venus noch einmal ganz aus der Nähe und bemerkt in dem "unglaublich schönen Antlitz" so etwas wie den Ausdruck feinen Hohns; ja Grausamkeit sogar. Höllischer Hohn spricht aus den mit "Silber eingelegten, gleißenden Augen".
Prosper Mérimée (1803-1870) war ein französischer Dramatiker, Historiker, Archäologe und Autor von Kurzgeschichten. Zu seinen bekanntesten Prosawerken zählen Mateo Falcone, Tamango (beide 1829), Die Bartholomäusnacht (1829), Die etruskische Vase (1830), Die Venus von Ille (1837), Colomba (1840) und Carmen (1845).