Äußerst unterschiedlich waren die Erfahrungen und Erlebnisse der Menschen, die im real existierenden Sozialismus lebten oder überleben mussten. Die Mehrheit der DDR-Bürger jedoch hatte sich in den 1980er Jahren bereits schon überwiegend an die herrschenden Verhältnisse gewöhnt oder sogar weitgehend angepasst. Den Mut zu offener Kritik oder gar Widerstand fanden nur wenige. Klar war: Wer weiterhin Karriere machen und halbwegs in Ruhe leben wollte, musste seine Unterstützung für das Honecker-Regime öffentlich demonstrieren. Aber es existierten auch Menschen, die sich mit der kommunistischen Diktatur und deren Ideologie nicht arrangieren oder abfinden wollten. Auch diese Menschen gab es zu tausenden in der DDR. Sie lebten am Rand der Gesellschaft und führten nicht selten ein Nischendasein in subkulturellen Milieus. Fast immer endeten ihre chancenlosen Biografien mit der Beantragung eines Ausreiseersuchens. Wie leicht man an den Rand der Gesellschaft gelangen konnte, lässt sich am Beispiel des Tagebuchschreibers sprichwörtlich ablesen. Es genügte bereits die Verweigerung des Waffendienstes bei der NVA, um einen Lebenslauf in eine gänzlich andere Richtung zu lenken. Dies geschah im Jahr 1981, als der Tagebuchschreiber gegenüber einem Wehrkreiskommando in Dresden-Stadt schriftlich erklärte, das er aus Glaubensgründen keinen Waffendienst mehr leisten würde. Damit begannen behördliche Schikanen und bewusst eingesetzte Repressalien. Fortan versuchte er sich konsequent der staatlich reglementierten Bevormundung zu entziehen. Genau diesen symptomatischen Entwicklungsprozess zeichnen diese Tagebücher nach, in denen der Verfasser die privaten Erlebnisse und politischen Ereignisse in der DDR zwischen 1980 bis 1987 fragmentarisch festhielt. Diese Aufzeichnungen geben damit wichtige Einblicke in das Innenleben der damals bereits im Untergang begriffen DDR, ohne dabei deren Ende vorauszuahnen. Heute - nach über drei Jahrzehnten - kann der interessierte Leser diese Aufzeichnungen als authentische Zeitdokumente deuten. Die Beschreibungen des Alltags zeigen eine Kultur, die sich den DDR-Fremden oder Spätgeborenen heute nur noch schwer erschließt. Diejenigen aber, die dabei waren, haben diese Erfahrungen vielleicht sogar ähnlich erlebt, auch dies macht diese Texte zu einer einzigartigen Quelle.