Leseprobe:
Die traurige Prinzessin
Es war einmal eine Prinzessin, die lebte in einem kleinen, aber reichen Königreich. Ihr Vater war der König, und weil jeder Mensch einmal sterben muss, wussten die Menschen, dass Prinzessin Liane eines Tages ihre Königin sein würde. Der König hatte nur diese Tochter. Aus lauter Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte, verbot er ihr, was für andere Kinder ganz normal ist, zum Beispiel das Radfahren. Die anderen Kinder beneideten sie. Denn sie glaubten, eine Prinzessin darf alles. Im Gegensatz zu ihnen lebte sie in einem großen Schloss. Viele Kinder hatten sie schon einmal besucht, denn der König wollte, dass die Menschen sehen könnten, wie er lebte. Die Kinder glaubten, es müsste ein himmlisches Gefühl sein, in einem Schloss zu Hause zu sein. In dem Schloss gab es viele prunkvolle Zimmer, die mit Stoff tapeziert waren und wunderschöne Holzfußböden hatten. Auch glaubten sie, dass eine Prinzessin sehr glücklich sein müsse, weil sie doch alles hat. Aber Liane, die Prinzessin, von der ich euch erzähle, fühlte sich sehr einsam. Sie war oft mit der Nanny allein im Schloss. Sie musste ihr gehorchen. Dabei musste Liane vieles tun, was sie nicht wollte. Aber ihr Vater, der König, war der Meinung, dass Liane viel wissen müsse, wenn sie einmal Königin sein würde.
Für alles, was sie lernte, hatte sie einen besonderen Lehrer. Isolde war ihre Ballettlehrerin. Sie trainierte mit ihr sehr oft. Liane sollte sich später einmal graziös bewegen können. Aus anderen Ländern waren Lehrer gekommen, die ihr fremde Sprachen vermitteln sollten.
Oft verfluchte Liane das Schloss, ihr Leben und konnte überhaupt nicht verstehen, dass die Menschen sie beneideten. Wie konnte man wünschen, ihr Leben zu führen?
Der Engel Bonifatia zeigt ihr die Welt draußen.