Istanbul, Sommer 2013.
Das Porträt einer Stadt im Aufbruch.
Mely Kiyak zieht für ein paar Monate in die Stadt am Bosporus, um auf andere Gedanken zu kommen (aber nicht, um sich selbst zu finden). Kurz nach ihrer Ankunft beginnt eine Welle von Protesten, wie man sie lange nicht erlebt hat. Kiyak lauscht, schaut genau hin, macht sich Notizen – und vertraut dabei lieber ihrem eigenen Denken, statt sich auf vorgefertigte Meinungen zu verlassen. So entsteht ein Reisejournal, scharfzüngig, höchst unterhaltsam und erfrischend aufrichtig.
Wer Istanbul wirklich kennenlernen will, fährt selbst hin – oder liest Mely Kiyak.
»Ich komme also irgendwo an, will mich ausruhen, und dann geht entweder das Land kaputt, oder das Internet, oder Tausende von Demonstranten verlangen, dass die Regierung zurücktritt. Tayyip Erdoğan regiert seit zehn Jahren die Türkei. Aber ausgerechnet in dem Jahr, in dem ich für ein paar Monate nach Istanbul ziehe, haben sie die Nase voll von ihm und gehen auf die Straße. Jetzt hatte ich gerade begonnen, das zu machen, wovon moderne Frauen meines Alters immer so schwärmen, Yoga, Ferien vom falschen Atmen, das eigene Sein genießen, sich mit Lavendelöl massieren, da gehen die Türken auf die Barrikaden. Ich bin fest entschlossen, nicht mitzumachen, nicht hinzuhören, es ist mir alles egal. Ich atme ein. Ich atme aus. Morgen kaufe ich Lavendelöl.«
Mely Kiyak, geboren 1976, ist Schriftstellerin, Journalistin und politische Kolumnistin. Sie arbeitet für die Frankfurter Rundschau, taz, Die Zeit. 2011 erhielt sie den Theodor-Wolff-Preis. Zuletzt erschien der Roman »Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an« (S. Fischer). Seit kurzem ist sie Deutschlands erste Theaterkolumnistin für das Maxim Gorki in Berlin.
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