Manuel und der Waschbär

Martin Meißner

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Beschreibung zu „Manuel und der Waschbär“

Ja, das ist auch eine Tiergeschichte, auch wenn anfangs gar nicht klar ist, um welches Tier es sich handelt:
Ein Diebstahl war entdeckt.
Als Manuel die Treppe des Kinderheims hinaufging, drang Lärm aus der Küche. Die Tür stand offen. So breiteten sich die lauten Worte über das ganze Treppenhaus bis hinauf zum Obergeschoss aus. Der Junge blieb stehen.
Frau Bohndiek hielt einen Korb in der Hand und trug ihn von einer Frau zur anderen. Fast das ganze Personal hatte sich versammelt. „Zählt sie nach“, flehte sie. „Zwölf müssen es sein. Und wie viel sind es?“
Die anderen wussten es längst. Nur zehn Eier lagen in dem Korb. Aber die Erzieherin gab nicht eher Ruhe, bis jede gezählt hatte und bestätigte: Zehn Eier waren es und nicht zwölf.
„Es stiehlt einer die Hühnereier aus den Nestern“, schloss Frau Bohndiek. Dann setzte sie sich wie ein Wächter vor den Korb.

Es gibt viele Vermutungen, wer der geheimnisvolle Eierdieb ist. Am Ende findet es Manuel heraus. Das ist die Tiergeschichte.
Aber dieses Kinderbuch ist viel mehr als das, es ist vor allem eine Menschengeschichte, die davon erzählt, warum Manuel eigentlich in einem Kinderheim lebt, auch dort mehr und mehr zum Einzelgänger wird, und was das alles mit den bunten Tüchern für seine Mutter zu tun hat:
„Ich komme auch bald nach Hause“, sagte Kai zu Manuel. Die Kinder gingen nachdenklich auf dem Hof und im Garten umher.
Manuel antwortete nicht.
„Und du?“ fragte Kai. „Willst du nicht nach Hause, Manuel?“
„Ich weiß nicht, ob ich es will."
„Weil du geklaut hast?“, fragte Kai.
Manuel zuckte mit den Schultern.
„Warum hast du eigentlich immer bunte Tücher genommen? Hat das keiner gemerkt?“
„Die passen dort im Warenhaus nicht gut auf“, antwortete Manuel. „Ich habe die Tücher immer gleich vorn in mein Hemd geschoben.“
„Da hattest du ganz schönen Mut“, sagte Kai. „Ich könnte das nicht.“
Vielleicht hättest du es auch getan, dachte Manuel. Du hast meine Mutter nicht gesehen, wie sie sich das Tuch vor dem Spiegel umgebunden hat. Sie band einen Knoten, eine Schleife. Es dauerte lange, bis sie mit dem Sitz zufrieden war.
Wie beim Tanzen ging sie ein paar Schritte hin und her. Näher an den Spiegel heran und wieder weg.
„Sehe ich schön aus, Manuel?“, fragte sie.
Sie war so fröhlich, dass sie vergaß, den Ofen anzuheizen. Aber das fand Manuel nicht so schlimm. Auch nicht, dass sie noch einmal fortging. Was nützte denn das schöne Tuch, wenn sie es nur in der Wohnung trug?

Über Martin Meißner

Geboren 1943 in Lockstedt bei Klötze – Altmark. Nach dem Abitur und dem Studium in Leipzig Fachlehrer in Diesdorf/Altmark, Burg bei Magdeburg und Klötze. Für Meißners literarische Arbeiten ist besonders seine langjährige Erfahrung als Lehrer an einer Sonderschule von Bedeutung. Bis zu seinem Ruhestand unterrichtete Meißner an der Förderschule für Lernbehinderte Klötze. Außerdem arbeitete er als Bohrarbeiter, Binnenschiffer, Landarbeiter, war freischaffender Schriftsteller, stellvertretender ...


Verlag:

EDITION digital

Veröffentlicht:

2011

Druckseiten:

ca. 40

Sprache:

Deutsch

Medientyp:

eBook


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