Die Frage, warum man moralisch sein soll, ist eine der
ältesten und schwierigsten Fragen der Moraltheorie:
Wie kann der Mensch dem moralischen Anspruch, dem
er untersteht, gerecht werden? In welchem Verhältnis
stehen moralische Urteile und Überzeugungen zu den
Wünschen, Neigungen und Gefühlen des Menschen?
Welche Rolle kommt der Vernunft in der Handlungsmotivation zu? Welche Bedeutung hat der religiöse Glaube für die menschliche Praxis? In der zeitgenössischen Moraltheologie werden diese grundlegenden Fragen weitgehend vernachlässigt. Die vorliegende Untersuchung leistet einen Beitrag, die Motivationsproblematik wieder ins Zentrum der moraltheologischen Reflexion zu rücken.
Ausgehend von einem Überblick über die gegenwärtige
philosophische Diskussion um das Problem der
moralischen Motivation wird die Motivationstheorie der
Stoa rekonstruiert und ihre Rezeption durch Augustinus
herausgearbeitet. Dabei erweisen sich die klassischen
Motivationstheorien nicht nur als anschlussfähig an die
gegenwärtige Diskussion, sondern sie bieten darüber
hinaus auch wichtige Impulse für die Beschäftigung mit
dem Motivationsproblem.