Ost und West, Eine Erzählung zur deutschen Einheit,
Dezember 1989. Die Mauer ist seit wenigen Wochen geöffnet und die Menschen strömen in beiden Richtungen über die innerdeutsche Grenze. An einem Wochenende vor Weihnachten fährt Hans aus dem Ruhrgebiet in seine thüringische Heimat. Er reist mit seiner Frau und seinem beinahe erwachsenen Sohn. Er reist aber auch mit vielen Erinnerungen und gemischten Gefühlen. Wird er sich jetzt, nach vielen Jahren wieder heimisch fühlen? – Schließlich durfte er als Mauerflüchtling nicht in sein Heimatdorf zurückkehren. Wird die offene Grenze, die allgemeine Diskussion in Ost und West über Währungsunion, Wiedervereinigung, Demokratisierung der DDR das Denken der Menschen verändern und zu neuen Sehnsüchten, Hoffnungen, Ängsten führen? Hans wohnt für ein Wochenende mit seiner Familie bei der Familie seiner Schwester. Man ist freundlich zueinander, aber es fällt allen schwer, so richtig warm miteinander zu werden. Die über Jahrzehnte verschieden verlaufene politische Sozialisation der Geschwister türmt eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen auf. Ihre Vorstellungen von der deutsch-deutsche Zukunft unterscheiden sich darin, dass Hans die Aufnahme der DDR in die Bundesrepublik als Gesetzmäßigkeit der Geschichte erwartet, während seine Schwester eine humanistische, diffuse Sehnsucht nach der praktischen Wandelbarkeit des Sozialismus hin zu einer offenen Gesellschaft empfindet. Vieles wird angerissen, und dann der mögliche Konflikt im Gespräch gescheut. Man will ausdrücklich viel voneinander wissen und versteht den anderen doch nicht so recht. Leichter fällt es da den sich bisher völlig unbekannten Kindern, denn die Jugendlichen sprechen natürlich auch über Politik, aber doch nicht allein darüber, und finden leichter als ihre Eltern zu persönlicher Nähe, die sich an Musik und Alltag, Liebe und Zukunftshoffnungen festmacht.