Schaut man aus einem der Fenster des Veckenstedter Ateliers, in dem der Autor malt und schreibt, rücken die Höhenzüge des Harzes nah heran. An manchen Tagen, wenn die oberen Luftschichten besonders klar sind, scheint der mächtige Brocken über der Landschaft geradezu zu schweben. Der Berg ist nicht nur ein Anziehungspunkt nicht für den modernen Wanderer, sondern war immer schon Fantasieort, Kulisse und Gedankenbühne für die Menschen zu seinen Füßen.
Karl Oppermann ist unter dem Brocken und mit seinen Mythen aufgewachsen. Hexen, Zwerge und Teufel bevölkerten die kindliche Vorstellungswelt. Wenn man am Harz groß wird, werden einem diese Figuren vertraut. Doch gibt es nicht nur die Märchen und Sagen, auch die Wirklichkeit hat ihre Komparsen.
Oppermann, geboren in der Zeit zwischen den beiden großen Kriegen des letzten Jahrhunderts, erlebte den Taumel des Militarismus und die Ernüchterung der Kapitulation, Bombennächte, Endsiegparolen und Sterben für das Vaterland. Zum Glück war er für den Volkssturm noch zu jung. Er hat aber früh gelernt, genau hinzuschauen. So bemerkte er in der realen Welt das Aufkeimen der nächsten Diktatur und kehrte ihr und damit auch seiner Heimat den Rücken zu.
Ein politisch denkender und handelnder Künstler!
Nun wird er neunzig und übt sich nicht in Beschaulichkeit. Er hat noch viel zu sagen. Der Brocken und die Erinnerungen seiner Jugend bestimmen sein umfangreiches Spätwerk. Dies ist keine melancholische Rückschau, sondern Oppermann will Stellung beziehen, den Malerpinsel in die Wunden unserer Zeit legen und von seinen Erfahrungen berichten.
Der vorliegende Text und die Bilder sind spröde und verlangen dem Betrachter und dem Leser etwas ab. Aber gerade unsere Zeit mit ihren Krisen und Umbrüchen braucht Mahner, die sich selbst aus ihrer Wohlfühlzone herauswagen und uns ihre Erfahrungen kundtun. Seien sie mythischer oder ganz realer Art.