"Durch eine einzigartige Entscheidung des Schicksals, wie ich glaube, ist es dazu gekommen, dass die höchste Kultur und die höchste technische Zivilisation der Menschheit heute gleichsam gesammelt sind an zwei äußersten Enden unseres Kontinents, in Europa und in Tschina", schrieb Leibniz begeistert 1697. Sein Buch »Novissima Sinica« bildete gleichsam den Auftakt einer langen Reihe systematischer Auseinandersetzungen namhafter deutscher Philosophen und Schriftsteller mit dem Reich der Mitte. Die Anthologie Deutsche Denker über China präsentiert eine Auswahl zentraler und einflussreicher Texte zur deutschen China-Rezeption aus vier Jahrhunderten, deren Autoren von Leibniz, Kant, Lichtenberg und Herder über Hegel, Marx und Franz Mehring bis zu Karl Jaspers reichen. Sie zeichnet anschaulich nach, wie das anfangs ferne China im Zuge von Jesuitenmission, Merkantilismus und schließlich Kolonialismus zunehmend ins Bewusstsein des geistigen Europa rückte. Deutlich wird aber auch, dass das Verständnis chinesischer Gesellschaft und Kultur bei nahezu allen Denkern zu einem guten Teil immer auch den kollektiven Moden, Ideologien und Sichtweisen der eigenen Zeit und Gesellschaft verhaftet blieb.