Als der Universitätsdozent John Hull erblindet, ist er Anfang 40. Er hat kurz zuvor geheiratet, ein Baby ist unterwegs. Seine Erfahrungen, was es heißt, das Augenlicht zu verlieren, hält er täglich auf Tonband fest. „Im Dunkeln sehen“ ist aber nicht nur eine Erzählung über den Kampf mit dem Unabwendbaren. Das Buch schildert auch die Entdeckung einer anderen als der sichtbaren Welt, für die uns Sehenden die Sinne fehlen. Eine Welt, die mit Ohren, Füßen, Haut und Haaren wahrgenommen wird. Hull schildert, wie er lernt, die Welt um ihn herum aus dem Geräusch des
fallenden Regens zu „lesen“, das Vergehen der Zeit zu spüren, ohne Morgen-oder Abenddämmerung wahrzunehmen, und zu akzeptieren, dass er niemals das Gesicht seiner Tochter erblicken wird. „Man muss sich neu erschaffen, oder man wird zerstört“, resümiert er seine Erfahrung. Sein so persönliches wie poetisches Buch lässt den Leser teilhaben an der Erkundung anderer Möglichkeiten als den geläufigen, die Welt wahrzunehmen, und so einer zu werden, „der mit dem ganzen Körper sieht“.