Jörg Otto Meier porträtierte fünfzehn Mütter mit ihren Babys aus verschiedenen sozialen Schichten und Altersgruppen. Es wird erzählt von heiß ersehnten Wunschkindern und liebenswürdigen Vätern, aber eben auch von sterbenden Säuglingen und albtraumhaften Beziehungen. Und vom Umgang mit diesen sehr existenziellen Herausforderungen. Das alles im erzählerischen Tonfall, unprätentiös, in der eigenen Sprache der Frauen, und so ist das Werk ein Sammelsurium von Jargons der unterschiedlichsten sozialen Sphären. Man bekommt den Eindruck, dass Elternglück sich nicht an der finanziellen Situation, am Status oder am Alter festmacht. Unbedingt empfehlenswert ist die Lektüre für jeden, der sein Leben für schwierig hält - einfach so zum Vergleich. Aber auch für Mütter und Väter in jedem Aggregatzustand - werdend oder planend, schon über ihr Produkt gebeugt oder im »Ruhestand«. Es ist nämlich immer beruhigend zu sehen, dass andere sich auch schwer tun mit der so großen Veränderung. Und dass die Liebe zum eigenen Kind bei aller Verzweiflung ein gewaltiger Motor ist. »Big Brother« zu sehen ist bei aller vermeintlichen Offenheit nicht annähernd so intensiv und erkenntnisträchtig, wie in das ungeschminkte Privatleben dieser Frauen zu schauen. Denn diese Mütter sind nicht nur berührend offen, sondern sie erzählen von einem fundamental wichtigen Ereignis ihres Lebens. Mutter werden ist ein Wendepunkt mit integriertem Reifungsprozess. Alle Frauen erlangen in diesem Moment echte Größe. Deshalb hat das Buch eine Wucht, der man sich schwer entziehen kann. Man lernt beim Lesen etwas über das Leben. Nicht über die schöne Welt von Glamour, Fun und Erfolg, in der man sich räkeln müsste, um halbwegs angesagt zu sein. Sondern über die Realität voll Aufgaben, Existenznot, Liebe und unbemerktem alltäglichem Heldentum. Jene Realität, in deren Zentrum ein »Wir« steht - und die man über das Buch lieben lernen kann. Rheinischer Merkur