1986... Nur dreiunddreißig Jahre zurück, und dennoch eine Welt, die man sich heute kaum noch ohne größere Mühe wirklich vorstellen kann. In Bonn regiert seit gerade drei Jahren die CDU Helmut Kohls, noch hat kein Kieler Ministerpräsident ein skandalumwittertes Ende in einer Genfer Hotelbadewanne gefunden, die Möglichkeit einer deutschen Wiedervereinigung ist eine nachgerade absurde Vorstellung, der selbst konservative politische Kräfte nicht ernsthaft anhängen, die Teilung der Welt in zwei Blöcke scheint felsenfest zementiert, und in Moskau ist von einer politischen Wende weit und breit nichts zu ahnen. Computer sind noch sündhaft teure Geräte, deren Leistung etwa der eines heutigen Taschenrechners entspricht, zur polizeiliche Rasterfahndung rechnen ganze Stockwerke voll von ihnen mehrere Tage lang. Der »Europäische Binnenmarkt« ist ein fernes Zukunftsversprechen, der »Euro« kaum angedacht, und das Internet existiert noch nicht einmal in den Köpfen der zukunftsgläubigsten Denker, während sich das Fernsehprogramm wie das des Rundfunks auf jeweils drei Sender beschränken und das Wort »Sendeschluß« bedeutet, daß wochentags spätestens kurz nach Mitternacht nur noch das Testbild über die Mattscheiben flimmert. Andere Zeiten also. 1986 - im November jenes Jahres wird in Kiel die achtjährige Industriellentochter Verena Siebert entführt. Kein politisches Delikt, sondern einfach ein kriminelles; eine Million Mark will der Entführer. Oder sind es mehrere Entführer? Die schlichte Dreistigkeit der Lösegeldforderung jedenfalls verblüfft die 1.Kieler Mordkommission, die den Fall zuständigkeitshalber übernimmt, noch bevor es eine Leiche gibt. Doch der Fall erweist sich als vertrackter als zunächst vermutet, und bevor Monate später die Lösung auf dem Tisch liegt, finden noch mehrere Menschen den Tod.