Michelangelo Antonionis Interesse für Architektur, das sich in seinen Filmen über die bildhafte Mise en Scène manifestiert, war wiederholt Gegenstand kunst- und filmwissenschaftlicher Schriften und wird in Architekt*innenkreisen beständig zelebriert. Bisher wurden Antonionis Filme jedoch kaum mit Blick auf den jeweils spezifischen architekturhistorischen Kontext untersucht – obwohl es im Wesentlichen Antonionis filmische Inszenierung der gebauten Umwelt war, durch die er als modernistischer Filmemacher Gegenwartsphänomene der Nachkriegszeit kritisch reflektierte.
Jacqueline Maurer weist nach, dass in Antonionis L’Eclisse der römische Stadtteil EUR nicht bloß – wie in der Sekundärliteratur mehrfach behauptet – als generische Großstadtkulisse, sondern als eine konkrete architektonische und historische Referenz des Films dient. Das unter dem Faschismus als Vorzeigequartier geplante und seit der prosperierenden Nachkriegszeit sich kontinuierlich entwickelnde EUR-Viertel verweist dabei im Film nicht nur auf die neuere Geschichte der italienischen Kapitale; vielmehr kommt darin der Verlust an historischem Bewusstsein und damit auch die Gleichgültigkeit gegenüber der jüngsten Vergangenheit zur Erscheinung.
Maurer verschränkt filmhistorische, -analytische und -theoretische Perspektiven und setzt diese in Bezug zur neueren Architektur- und Städtebaugeschichte Roms. Die Publikation richtet sich allgemeiner an Interessierte des europäischen Autor*innenkinos sowie der italienischen Geschichte und Architektur des 20. Jahrhunderts.