Inge Helm über die außergewöhnliche Lebensgeschichte ihrer "roten Oma":
"Die Erinnerung an meine Kindheit und Jugend ist geprägt durch die Nähe zu meiner Großmutter Hedwig Clara Schiemann. Ihre Erzählungen über ihr Leben – begonnen in Masuren um die Jahrhundertwende, über die Nazizeit der dreißiger Jahre in Berlin und die Nachkriegsjahre – haben mich unglaublich fasziniert und schließlich zu dem Entschluss geführt, ein Buch über diese couragierte Frau, über ihre Freundin Meta Kraus-Fessel, die ´Rote Hilfe´, über die klandestinen Treffen zu schreiben. Es ist ein Buch über Zeitgeschichte und Emanzipation in einem Abschnitt des vorigen Jahrhunderts, in dem die Frauen nach Ansicht der Gesellschaft ausschließlich ihren ´Mann´ in der Familie zu stehen hatten, nach dem Motto: Kinder, Küche, Kirche. Und die Geschichte über eine Zeit, in der der Führer die Frauen mit ´Mutterkreuzen´ belohnte. Wegen ihres politischen Engagements wurde meine Großmutter liebevoll die ´rote Oma´ genannt. Meine Großmutter lernte in Berlin den Dichter, Agitator und Anarchisten Erich Mühsam kennen – und sie verliebte sich in ihn, und er zeitweise in sie. Durch Erich Mühsam hatte sie Kontakt zu Heinrich Zille, Heinrich Vogeler und vielen Künstlern und Schriftstellern der damaligen Zeit."