Horaz stellt in diesem Buch, das aus 20 Briefgedichten in Hexametern besteht, seine Lebensphilosophie dar. Diese Lebensphilosophie geht nicht von abstrakten Begriffen aus, sondern vom einzelnen Menschen mit seinen Fehlern, Schwächen und Eigenheiten. Sie fordert nicht auf, über den eigenen Schatten zu springen, wohl aber, sich in der eigenen Art um ein rechtes Maß zu bemühen, damit das Zusammenleben der Menschen erträglich bleibt. Vorbild für die "Epistulae" waren ihm wahrscheinlich die Briefe des attischen Philosophen Epikur. Im zweiten Buch der "Epistulae" ab 13 v. Chr. betätigte sich Horaz als Literaturkritiker. Drei große Briefgedichte widmete er am Ende seiner Schaffenszeit diesem Thema. Zwei davon bilden das zweite Buch der "Epistulae". Im ersten Brief an Augustus kritisiert der Dichter die gedankenlose Überbewertung der altrömischen Dichtung, vor allem des Dramas, und weist auf den Wert der neuen Klassik, mit den Werken von Vergil und Varius, hin.
Horaz (65 v. Chr. - 8 v. Chr.) ist neben Vergil, Properz, Tibull und Ovid einer der bedeutendsten römischen Dichter der "Augusteischen Zeit". Seine philosophischen Ansichten und dicta gehörten bis in die Neuzeit zu den bekanntesten des Altertums und erfuhren eine reiche Rezeption in Humanismus und Klassizismus. Horaz trieb die klassische Literatur seiner eigenen Zeit auf eine neue Spitze und war besonders für den englischen Klassizismus das bedeutendste antike Vorbild.