Seit mehr als einem Jahrhundert ist Karl May (1842–1912) ein Autor von herausragender Popularität. Seine Romane haben Millionenauflagen erzielt, mit seinen Figuren Winnetou und Old Shatterhand hat er das Indianer- und Wildwestbild von Generationen deutscher Leser geprägt, er hat postum in den 1960erJahren eine der erfolgreichsten Filmserien in der Geschichte des deutschen Kinos inspiriert und führt bis heute ein vitales Nachleben auf diversen Freilichtbühnen. Gleichzeitig scheiden sich an May seit jeher die Geister. Arno Schmidt erhob einige seiner späten Romane in den Rang von Weltliteratur, während Klaus Mann eine direkte Verbindungslinie zwischen «Old Shatterhands Maximen und Taktiken» und den Gräueltaten des Nationalsozialismus sah.
Helmut Schmiedt, einer der besten Kenner der Materie, legt nun zum 100. Todestag des «Volksschriftstellers» eine umfassende, reich bebilderte Biographie vor, die Werk und Persönlichkeit Mays auf faszinierend neue Weise miteinander in Beziehung setzt. In seiner ebenso spannenden wie klugen Darstellung präsentiert er uns eine Persönlichkeit, die sich zwischen Ardistan und Dschinnistan, zwischen den Niederungen elender Verhältnisse und den luftigen Höhen eines sagenhaften schriftstellerischen Erfolgs, zwischen Wirklichkeit und Phantasie so beharrlich und intensiv wie wenige andere Schriftsteller verirrte – und gleichwohl die Überzeugung vermittelte, einen geraden Lebensweg zu gehen.