ES GAB EINMAL EINE GUT GEZOGENE, SANFTE UND SCHÖNE AUSWÄRTIGE WITWE, DIE HIER AN VERWANDTE BESUCHTE. KANT LEUGNETE NICHT, DASS ES EINE FRAU WÄRE, MIT DER ER GERNE LEBEN WÜRDE, BERECHNETE EINNAHME UND AUSGABE UND SCHOB DIE ENTSCHLIEßUNG EINEN TAG NACH DEM ANDEREN AUF. DIE SCHÖNE WITWE BESUCHTE ANDERE VERWANDTE UND HEIRATETE DORT.
Ein zweiter Anlauf scheiterte in ähnlicher Weise. Danach dachte Kant nicht wieder ans Heiraten.
Später meinte er dazu, als er eine Frau habe brauchen können, habe er keine ernähren können. Und als er eine ernähren konnte, habe er keine mehr brauchen können.
Um das Jahr 1764, also im Alter von 40, geriet Kant in das, was wir heute Midlife-Crisis nennen. Er beschloss, seinem bis dahin eher ungebundenen Leben künftig feste Grundsätze und Regeln zu geben. Erst ab dieser Zeit wurde seine Lebensführung, so wie sie meist geschildert wird, prinzipienfest streng geregelt, schließlich pedantisch. Der Tagesablauf war immer gleich auf die Minute. Kant stand zum Beispiel exakt um fünf Uhr früh auf und ging genauso exakt um 22 Uhr zu Bett, pünktlich und jeden Tag.
Das war in gewisser Weise auch durchaus sinnvoll, denn diese geregelte und Kräfte schonende Lebensweise stellte den stabilen äußeren Rahmen bereit. Der Kants große philosophische Leistung überhaupt ermöglichte. Diese Leistung begann erst jetzt. Und Kant musste sie seiner eher schwächlichen körperlichen Konstitution geradezu abringen.