Tabus haben Konjunktur. Sie sind aktuelle Phänomene in unserer Gesellschaft. So sind zum Beispiel in Folge der Political Correctness die "Negerküsse" und "Mohrenköpfe" aus unseren Cafés verschwunden. Während manche Tabus und deren Übertretungen nur Befremden hervorrufen, führen andere Tabubrüche zum Ausschluss aus der Bezugsgruppe, für die diese Tabus Geltung haben. So befindet sich ein Politiker, der in Deutschland das Antisemitismus-Tabu bricht, schnell am Ende seiner Karriere.Doch besteht immer auch eine Lust am Tabubruch, das Bedürfnis, überholte und verkrustete Denk- und Handlungsmuster abzustreifen. Von der sexuellen Revolution in den Sechzigerjahren bis zu den Auseinandersetzungen um die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern und deren Adoptionsrecht zieht sich ein roter Faden des gesellschaftlichen Wandels. Auf diesem Weg mussten zahlreiche Tabus in Frage gestellt, gebrochen und neue Normen und Gesetze aufgestellt werden.Um Tabus im eigenen sozialen Umfeld zu identifizieren, lässt sich eine "Tabu-Suchfrage" verwenden: Was müsste ich tun oder sagen – ohne ein Gesetz zu brechen –, um in meiner Ehe, Familie, Firma, Partei etc. ausgeschlossen, zumindest aber geschnitten zu werden? Sie werden unweigerlich auf die Tabus ihrer jeweiligen Bezugsgruppe stoßen.Mit seinem weiten beruflichen Erfahrungsspektrum untersucht der Psychoanalytiker, Arzt und Kunstsammler Hartmut Kraft das Phänomen von Tabus und dessen Brüchen in spannender Vielfalt.