Nur wenige religiös-mythologische Gestalten rufen derart heftige Gefühle hervor wie der Teufel - es lohnt sich schon deshalb, ihn einmal näher anzuschauen.
Er ist alles andere als eine einheitliche Gestalt: Er ist der Gott der Wildnisgott, das Urbild der Toten bei ihrer Wiederzeugung, die Erklärung der Ungerechtigkeit in einer Welt, die ein gerechter Gott erschaffen haben soll, der Ankläger und Henker beim Jenseitsgericht, der Gott der Heiden, der Rebell, der Sex-Dämon, der Schatten einer ganzen Zivilisation und noch mehr ...
Er ist der Herr der Toten, seine Hölle ist einst die Grabkammer der Hügelgräber gewesen, aus dem Feuer der Brandbestattung ist das Höllenfeuer geworden und des Teufels Großmutter ist vor langer Zeit die Jenseitsgöttin gewesen.
Der Teufel ist das, was die Mehrheit fürchtet - und er ist der Schatten, das Verdrängte, das, was fehlt - und somit auch das, was heimlich am meisten ersehnt wird.
Im Christentum ist der Teufel der bestrafte Täter in der Hölle und Christus das erlöste Opfer im Himmel - aber wer ist derjenige, der heil ist? Wer verkörpert nicht die Macht-geprägte Täter-Rolle wie der Teufels und auch nicht die Ohnmacht-geprägte Opfer-Rolle wie Christus? Wer ist derjenige, der die eigenständige, souveräne, in sich ruhende und schöpferische Kraft verkörpert?