Bronislaw Huberman (1882–1947), einer der großen Violinvirtuosen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und bekannt als ein Künstler, der sich dem Nationalsozialismus entgegenstellte und bedrohten jüdischen Musikern zum Überleben verhalf, war auch ein bedeutender Vordenker und Botschafter eines vereinten Europa.
Diesem kaum bekannten Engagement Hubermans in der europäischen Einigungsbewegung nach dem Ersten Weltkrieg widmet sich dieses Buch. Es stellt anhand seiner Schriften und seines Briefverkehrs einen politisch weitsichtigen Künstler vor, der sich mit originellen Gedanken und unermüdlichem Elan für ein Vaterland Europa einsetzte.
Mehrere Kernelemente der Huberman’schen Europakonzeption haben nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich den Einigungsprozess bestimmt: die politisch eingebettete Zollunion als Ausgangsprojekt, der Utilitarismus als Triebfeder und die Ökonomie als strategische Entwicklungsachse. Die heutige Europäische Union weist in einer Reihe wichtiger Politikfelder Integrationsleistungen auf, die Huberman ein knappes Jahrhundert zuvor beschrieben und gefordert hat. Auch lebt der normative Gehalt seiner auf Völkerfrieden und gesellschaftliche Wohlfahrt gerichteten Botschaften in gegenwärtigen Europa-Diskursen fort.
Der Brückenschlag zur heutigen Europäischen Union zeigt, wie aktuell Hubermans Denken in einer Zeit ist, in der in einem krisengeschüttelten Europa eine bedenkliche Geschichtsvergessenheit um sich greift.