Warum nur sind Kinderaussprüche zugleich philosophisch und komisch? Früher versuchte man sich über dieses Paradox hinwegzuhelfen, indem man ihre respektiven Äußerungen altklug nannte, richtige Kinder kämen nie auf solche Gedanken, ein wahrhaft schlimmer Tadel. Deswegen sei es komisch, wenn sie sie formulierten. Der Philosoph Karl Jaspers ist jedoch anderer Ansicht. In seiner Einführung in die Philosophie schreibt er, daß Kinder sehr wohl fähig seien, sich ernste Grundfragen der Philosophie zu stellen.
Der in diesem Bändchen zuerst genannte Gedanke: 'Wer hat denn Gott, den Schöpfer allen Seins selbst gemacht?' ist logisch konsequent und wie das Beispiel beweist, sind Fünfjährige durchaus in der Lage, das Dilemma erkennen zu lassen. Daß dies komisch wirkt, liegt wohl daran, das sich Erwachsene solche Fragen oft garnicht mehr stellen. Ihre Vorurteile stehen der Einsicht im Wege. Man lacht also nicht über das Kind, das bekanntlich die Wahrheit sagt, sondern eher über sich selbst, denn soviel Kritik und Scharfsinn aus Kindermund ist man nicht gewohnt. Man lacht vielleicht auch aus Verzeiflung, weil ein Kind uns darüber aufklären muß, daß wir Esel sind.
Natürlich sind viele von diesen Einfällen vom Religionsunterricht suggeriert worden. Daß der Gott der Christen anthropomorph ist, wird besonders aus dem kindlichen Nachdenken über ihn ersichtlich: Wenn Gott tot ist, weil er ein Loch im Bauch hat, das aber sofort von Haut verschlossen wird, erscheint darin die ganze abgründige Komik des abendländischen Gottesbegriffs. Nicht das Kind ist komisch, das diese Absurdität erkennen läßt, sondern die Priester und Religionslehrer, die die Unsterblichkeit Gottes als Dogma propagieren. Und so ziehen sich viele ernste ideologische Streitfragen durch die Kette der von den Kindern angeschlagenen Themen.