Während der Coronakrise setzte die Bundesregierung anders als während der Eurokrise nicht auf Austeritätspolitik, sondern überraschend auf eine gemeinsame europäische Verschuldung und Umverteilung im Rahmen des EU-Wiederaufbaufonds (NextGenerationEU) – ein Bruch mit dem europapolitischen Tabu einer »Schulden-« und »Transferunion«. Zugleich drängt Deutschland seit 2019 in der Industriepolitik auf einen strategisch-interventionistischen Ansatz unter Aushöhlung der EU-Wettbewerbspolitik. Vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Umbrüche und Krisentendenzen des deutschen Wirtschaftsmodells analysiert Etienne Schneider, welche Interessen und Konflikte diesem Wandel der deutschen Europapolitik zugrunde liegen.