Haut oder Hemd

Schauspiel

Erik Neutsch

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Beschreibung zu „Haut oder Hemd“

Nichts Geringeres als die Neuprofilierung einer ganzen Bergbau-lndustrielandschaft, das Für und Wider um Entscheidungen über ein Territorium mit Tausenden dort lebender Menschen, wählt Neutsch als Grundlage für sein Schauspiel »Haut oder Hemd«. Das 1971 in Halle uraufgeführte Stück widmet sich den kühnen, zukunftsträchtigen Visionen nach dem später totgeschwiegenen VII. Parteitag der SED, dem letzten mit Walter Ulbricht als Generalsekretär. Die „Produktivkraft Wissenschaft“, vertreten durch den, die verschiedenen ökonomischen Varianten der Zukunft vorausberechnenden Informatiker Dr. Berg, den Chemiker und Plasteforscher Professor Uhlenhorst und den Ingenieur Baum, Fachmann der Kältetechnik, wehrt sich in einer Arbeitsgruppe gegen Kolbasser, Direktor eines Braunkohlekombinates, dem die Tagesaufgaben wichtiger sind und dessen Braunkohlebagger vor der Stadt nicht Halt machen. Aber auch die kühn in die Zukunft blickenden Wissenschaftler vertreten nur die Belange ihres Forschungsgebietes. Zu Recht erinnert der Wirtschaftssekretär der SED-Kreisleitung daran, dass es bei allen Plänen nur um die Menschen geht.
Ein interessantes Lehrbeispiel der Wirtschaftspolitik in den letzten Jahren der Ulbricht-Ära.

LESEPROBE:
Berg: Simm! He! Baggerführer Simm! Hörst du mich nicht? Genosse! Simm!
Beissert erscheint: Was ist los?
Berg: Simm will ich sprechen.
Beissert verschwindet, Simm erscheint.
Simm: Was gibt’s?
Berg: Steig herunter von deinem Bagger. Das alles hat doch keinen Verstand. Die Stadt bleibt stehen, auch wenn hundertmal soviel Kohle unter ihr läge.
Simm: Absteigen? Bist du noch zu retten? Endlich baggern, arbeiten wir wieder. Verstehst du? Arbeiten! Wendet sich ab.
Berg: Halt! Laß doch wenigstens mit dir reden.
Simm: Mit dir? Da bin ich vorsichtig. Und außerdem: Ab heute kostet mich jedes Wort mit dir eine Tonne Abraum. Von wegen Amerika und Japan. Wir sind hier nicht im Ruhrgebiet, sondern im Brücktal. Berg setzt sich unter den Greifer.
Simm: Geh aus dem Weg, sonst schütte ich dich auf die Kippe.
Berg: Würdest du auch deine Wohnung abreißen? Was sagt deine Frau dazu?
Simm: Wenn sie mir im Wege ist, warum nicht?
Berg: Deine Frau?
Simm: Meine Wohnung, du Esel. Verzeihung.
Berg: Die Stadt bleibt stehen.
Simm: Bist du lebensmüde? Jetzt hol den Werkschutz, Peter.
Klappenschläger: Nicht nötig. Mach ich selber. Ich hau ihn zusammen.
Simm hält ihn zurück: Verschwinde aus der Bahn, Genosse Doktor. Aus der Bahn! Hörst du nicht?

Über Erik Neutsch

Geboren 21. Juni 1931 in Schönebeck/Elbe, Studium der Philosophie und Publizistik an der Universität Leipzig, Diplom 1953, bis 1960 Kultur- und Wirtschaftsredakteur in Halle, Reporter.
Seit 1962 freischaffender Schriftsteller, Mitglied der Akademie der Künste der DDR 1974-1991, Mitglied des Schriftsteller-Verbandes Deutschlands.
Erik Neutsch ist am 20. August 2013 in Halle verstorben.
Veröffentlichungen
Romane:
Spur der Steine, Halle 1964, Bergisch-Gladbach 1991, München 1994, Leipzig 1996 (...


Verlag:

EDITION digital

Veröffentlicht:

2014

Druckseiten:

ca. 70

Sprache:

Deutsch

Medientyp:

eBook


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