In dem Beitrag "Individuelle und gesellschaftliche Ursprünge der Neurose" aus dem Jahr 1944 unterscheidet Erich Fromm erstmals zwischen einem gesellschaftlichem Defekt und einer Neurose der Vielen – eine Unterscheidung, die für Fromms Verständnis von Gesundheit und Krankheit sowie für sein Konzept der „Pathologie der Normalität“ von zentraler Bedeutung ist. Darüber hinaus enthält dieser Beitrag eine Reihe anderer, für Fromms späteres Denken wichtige Gedanken. So stellt er erstmals seine dialektische Wissenschaftstheorie vor, die davon ausgeht, dass jede Entdeckung notgedrungen auch Elemente der Entstellung der Entdeckung enthält, so dass ihr wirklicher Gehalt erst durch eine „konstruktive Neuinterpretation“ oder – wie er später sagen wird – eine „Re-Vision“ erkennbar wird.